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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Die große Kunstausstellung Stuttgart 1913
DOI Artikel:
Die Berliner Jubiläums-Kunstausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0272

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Die Berliner Jubiläums-Kunstausstellung

524

tionen. Nicht zu vergessen noch Artur Grimm, der
mit seinem von hoher malerischer Kultur erfüllten
Bilde freilich mehr interessiert als Schönleber, Kall-
morgen oder Luntz,

Stuttgart selbst muß, ohne sich in den Vordergrund
zu drängen, mit seinen tüchtigsten Könnern sehr
gute Eindrücke hinterlassen. Haug mit seinem vor-
nehmen Reiterbild, Grethe mit koloristisch sehr inter-
essanten Szenen aus dem Fischerleben, Landenberger,
Fr. v. Keller, Alf. Schmidt, Senglaub, Cissarz und
Pankok mit einem ungemein feinen Porträt Konrad
Hausmanns. Ferner Amandus Faure, dessen von
suggestiver Gewalt erfüllter Malvolio fast als Clou
des Hauptsaales ausgesprochen werden darf, und
Adolf Holzel und seine Schüler Eberz und Eberhard,
die sich mit begeisterter Hingabe in seine theore-
tischen Probleme vertiefen.

Auch Dresdens künstlerisches Niveau der Gegenwart
wird durch die genial hingeworfenen Impressionen
Kühls, durch Hegenbarth, Gußmann, Ferd. Dorsch, den
hochtalentierten Hans Nadler, E. R. Dietze und noch
einige jüngere Künstler in denkbar bester Weise de-
monstriert. Und was sich sonst noch zusammenge-
funden hat, es seien die ob ihrer Kolossalität immer
wieder faszinierenden Kraftentäußerungen von Egger-
Lienz genannt, die aus ihrer Umgebung herausfallenden
Malereien Hodlers, die riesig aparten Landschaften
von Kalckreuth, Ciarenbach und Bochmann, die von
kultiviertem Geschmack diktierten Bilder von Piepho,
Strobentz, beweist, daß dem Debüt Stuttgarts als Kunst-
aussteNungsstadt warmherziges Interesse entgegenge-
bracht wurde.

Als besondere Attraktion hat man den Bemühungen
Prof. Adolf Hölzeis einen Saal mit Franzosen zu
danken. Von Manet und Monet bis zu van Gogh
bewegt sich in lebhaften Kurven die Linie. Des
ersteren glänzend disponiertes und farbig so nobles
»Frühstück im Atelier«, des letzteren süperbe »Seine-
brücke« sind eben doch Offenbarungen, vor denen
man sich willig beugen kann, ohne daß man alles
andere mit Schmutz zu bewerfen braucht. Und da-
neben Prachtstücke von Renoir und Sisley, Gauguin
und Courbet, kurz in gedrängtester Kürze ein Extrakt
der französischen Kunst des 19. Jahrhunderts.

Auch in den graphischen Kabinetten geht es ganz
interessant zu. Harmlosigkeiten von Gref und Leb-
recht, gedankenschwere Radierungen von Uhl, Graf,
feine Blätter von Sterl, Haug, Eckener, Boehle, Heine
Rath, Zeising, und die von herausfordernder Verworren-
heit strotzenden Dinge von Pechstein und Dieterle
geben ein in seiner Totalität fesselndes Bild vom
Stand der graphischen Kunst unserer Zeit und ihrer
Ausdrucksmöglichkeiten.

Die von Prof. Ludwig Habich zusammengestellte
Plastik ist in glücklichster Weise über das ganze
Ausstellungsterrain verteilt und findet ihren Höhe-
punkt in zwei Sälen, ihren aparten Abschluß in dem
an das Gebäude angrenzenden Garten. Mit guter
Durchschnittskunst wechseln Arbeiten von hoher
Qualität und Besonderheit. Rodins wundervolle Mahler-
büste, Minnes formenstrenge Figuren und Metzners

in ihrer manchmal wohl abstoßenden Einfachheit
schier niederdrückende Kolosse geben etwa den Ton
an. Nicht gleichmäßig gute Arbeiten von Hoetger,
sehr feine Bronzen von Bourdelle, Taschner, Kolbe
und Habich folgen. Und die prächtige, von warmem
Leben durchflossene Gruppe »Arbeitermutter« von
Pageis, dessen kontemplative Natur hier wieder etwas
sehr Schönes zuwege gebracht hat, und auch die
»Trauernde« von Engelmann beweisen immer wieder
unumstößlich, daß man den Gedanken keineswegs
ausschalten muß, um ein wirkliches Kunstwerk zu
schaffen. Alles in allem — die Stuttgarter Kunst-
schau wird sich achtunggebietend und ehrenvoll in
dem an künstlerischen Ereignissen so reichen Sommer
behaupten. A. D.

DIE BERLINER JUBILÄUMS-
KUNSTAUSSTELLUNG
II.*)

Der Überblick über die neuen Arbeiten der Berliner
bringt neben endlosen Reihen von Mittelmäßigkeiten
und Gleichgültigkeiten manches tüchtige und hervor-
ragende Werk. Oft freilich muß das Gute zwischen
viel Spreu in versteckten Winkeln aufgestöbert werden.

Besonders fallen diesmal die Porträtisten auf. Das
ausgezeichnete Bildnis Ludwig Manzels von Fritz Burger,
die famosen Charakteristiken Taschners und Thönys
von Ernst Heilemann, Reichskanzler v. Bethmann Holl-
weg und eine Dame in Weiß von Schulte im Hofe,
Geheimrat Ravene von Hugo Vogel, zwei treffliche
Schriftsteller-Porträts vonMaxFabian und RobertScholtz
stehen an der Spitze. Dann kommen die Landschafter,
unter den älteren, wie seit Jahren, die einstigen Brach-
tianer, Langhammer, Hartig, fer Hell, Kolbe, Kayser-
Eichberg, unter den jüngeren die Schüler Kallmorgens,
wie Franz Türcke, in erster Reihe. Daneben die fast schon
radikalen, starke Begabung verratenden nordischen Aus-
schnitte von Hellberger. Frisch und temperamentvoll
sind die Bilder von Max Uth, voran der helle »Sommer-
keller«, und Otto H. Engel, der ein heiteres »Fest
am Strande« schickte. Von anderen merkt man sich
neben dem jungen Max Bruch (mit einem solid ge-
malten Bilde heimkehrender Ziegen) das kräftige Küsten-
bild von Wilhelm Hambüchen, Stilleben und Interieurs
von Julie Wolfthorn, E. Töpfer, August v. Brandis.
Kallmorgen, der Ausstellungspräsident, schickte außer
einem älteren Hamburger Hafen von feinem Ton das
sympathische Bild einer sommerlichen Mainlandschaft.
Zahlreich sind diesmal die Berliner Themata in inter-
essanter Behandlung; die Freude der Maler an den
Resten Altberlins wie an dem prickelnden Leben der
modernen Stadt wächst von Jahr zu Jahr. So hat
Louis Lejeune einen Winter an der Spree, Schlichting
den Leipziger Platz, Hoeniger das Schloß und die
Potsdamer Brücke, Eschke den Dom, Wendel das
Charlottenburger Schloß, Otto Antoine sogar einen
Blick ins Weinhaus »Rheingold« als Motiv angenommen.

Für sich steht Leonhard Sandrock, der wieder drei
ausgezeichnete Bilder aus der Welt der Maschinen,

*) Vergl. die vorige Nummer.
 
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