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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Poppelreuter, Josef: Ein Monumentalauftrag an Franz von Stuck
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0304

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587

Nekrologe

588

der Antike, auf welchem sich diese Künstler mit
der erklärten Sezession in der Abwendung von aka-
demischer Konvention zusammengefunden haben —
ein Programm von ewiger Dauer. Bei der seltenen
Wohlgelungenheit unserer Figuren im ausgesprochen
plastischen Sinne ist nicht zu verwundern, daß man
nicht weit um sich zu blicken braucht, um die Nach-
wirkung der Figuren in den plastischen Erzeugnissen
der jüngsten Jahrzehnte auf Wegen und Stegen zu
sehen: so vieles von großer und kleiner Plastik, was
da hebt, schiebt, trägt, zieht und wirft, stammt von
den Figuren Stucks mindestens ebensoviel ab, wie
von ähnlichen plastischen Treffern der älteren kunst-
geschichtlichen Epochen. Schon wer diese Nach-
wirkungen der Schöpfungen in den zahlreichen Skulp-
turen wahrnimmt, welche längst vor ihren Vorbildern
in allen Ehren als Großplastiken in den Museen und
auf öffentlichen Plätzen stehen, wird den etwaigen
Einwurf als hinfällig ansehen, der Athlet und die
Amazone seien nur als Kleinplastiken empfunden und
ihre Übersetzung ins Große verbiete sich deshalb,
abgesehen davon, daß bei der Amazone durch die
Form des Sockels schon äußerlich ausgesprochen ist,
daß sie monumental gedacht ist. In Wirklichkeit
liegt der Reiz der Figuren doch gerade darin, daß
sie trotz der kleinen Form in der Gesamtbewegung
wie in der Einzelbehandlung die Kraft der monu-
mentalen Wirkung in sich bergen. Wohin man daher
blicken möge, unsere Arbeiten stehen mit größten
Ehren unter den Hervorbringungen der letzten Jahr-
zehnte. Man wird der Versuchung widerstehen, die
Amazone etwa mit Tuaillons glücklicher Schöpfung
zu vergleichen; denn es scheint nicht angebracht, zwei
Kunstwerke in Vergleich zu setzen, welche sich so
verschiedene Aufgaben stellen, jenes eine zugespitzte
dramatische Aktion zu lösen strebt, dieses den Reiz in
der Ruhe sucht; auch in der Auffassung der Natur-
formen im einzelnen sind die Verschiedenheiten bei
beiden Künstlern zu groß, um verglichen werden zu
dürfen. Aber man denke von Stucks Figuren aus an
den Ruhm zurück, welchen vor nicht allzu vielen
Jahren die damaligen Neuerscheinungen der franzö-
sischen Bildhauerschule fanden. Man erinnert sich,
wie zu der Zeit, als unser Künstler mit seinen Arbeiten
hervortrat, vor etwa 15—20 Jahren, aller Wünsche
in den deutschen Ateliers auf den Besuch des damals
so vielgenannten Luxembourg-Museums hinausgingen.
Diese Stimmung ist schon seit geraumer Zeit gewichen;
denn viele der Arbeiten jener französischen Akademiker,
welche sich ehemals durch die unzweifelhaft initiativen
Verdienste des Pariser Aktstudiums bemerkbar machten,
erscheinen uns heute — viele der Medaillen ausge-
nommen — alles andere als von nachhaltiger Wirkung,
freilich nicht zum Mindesten im eigenen Lande er-
drückt durch den hohen Ernst der Arbeiten Rodiiis.
Heute wird es uns leichter, den deutschen Leistungen
gerecht zu werden gegenüber diesen durch Chic —
so kann man mit dem Ausdruck der Seinestadt sagen —
oder Deklamation bestechenden französischen Arbeiten,
Bartholome^ Totendenkmal nicht ausgeschlossen.

Wenn der Entschluß der Stadt Köln bekannt

sein wird, Franz von Stuck zu einem Monumental-
auftrag heranzuziehen, werden sich vielleicht Stimmen
erheben, welche sagen, es liege in dieser Beauftragung
eines Malers etwas von einer Geringschätzung der
eigentlichen Bildhauer, deren Arbeiten zur Verfügung
stehen. Wir wollen nicht hoffen, daß unsere deutsche
Bildhauerschaft eine solche doch nur einzelne Er-
werbung für eine größer geplante moderne Skulp-
turensammlung nur unter diesem Gesichtspunkt zu
betrachten versteht und daß sie lieber sich über das
darin ausgesprochene Vertrauen freuen wird, im eigenen
Lande das Gute zu finden, wofern man es unabhängig
von der Tagesmache sucht. Den anderen Vorwurf,
auf den man gefaßt sein muß, wird der Leiter der
Sammlungen selbst gerne über sich ergehen lassen,
nämlich den, daß man in dem Auftrag auf eine in Klein-
plastik lange bekannte Figur die Würze der Neuheit
vermisse. Wer danach um jeden Preis suchen will,
hat das in den Ausstellungen des In- und Auslandes
sehr billig und das Feld dafür bleibt fernerhin offen;
der nachdrückliche Hinweis auf das übersehene Gut,
das offen am Wege liegt, erscheint ebenso verdienstvoll.
Sind uns denn alle jene großen und größten Kunst-
werke der Welt durch ihre zahllosen Reproduktionen
überflüssig geworden? Und was verschlägt's, ob die
Verkleinerung vorher oder nachher liegt? Überdies
ist dem Künstler freigestellt, der großen Ausführung
neue Wendungen zu geben, welche ihm gut erscheinen.

Die längeren Diskussionen über den Aufstellungsort
der Amazone haben sich in einem unerwartet schönen
Endresultat vereinigt. Die zuständigen Faktoren haben
ihre Einwilligung gegeben, den vor Jahren geäußerten
Wunsch nunmehr doch zu erfüllen, den unvergleichlich
schönen Innengarten des Museums mit moderner Plastik
zu bestellen und haben sich darin mit dem Wunsche
des Künstlers zusammen gefunden. Die Amazone
wird den langvermißten plastischen Mittelpunkt des
Gartens abgeben. Die strengen Linien der Skulptur
werden in der frühgotischen Architektur ihren Rahmen
finden. Darin wird man nicht einen Widerspruch
mit dem modernen Empfinden, sondern seine beste
Erfüllung sehen. Wer die jüngsten Wendungen unserer
deutschen Baukunst mit Urteil beobachtet hat, wird
wahrgenommen haben, daß die allergegenwärtigste
stilgeschichtliche Wendung derselben ihre glücklichsten
Augenblicke in dieser Verbindung hat; sie hat damit
die wahrhaft innere Geistesverwandtschaft der beiden
großen Stile glücklich empfunden.

NEKROLOGE

Gaston La Touche f. Mit Gaston La Touche, der
an den Folgen einer Blinddarmoperation im Alter von
66 Jahren in Paris gestorben ist, verliert die französische
Kunst der Gegenwart einen ihrer glänzendsten Vertreter.
Als Koloristen und Dekoratoren sind neben, aber kaum
vor ihm nur noch Albert Besnard und allenfalls Jules Cheret
zu nennen, aber jeder der drei ist so eigenartig, daß man
eigentlich unrecht hat, hier eine Rangfolge festlegen zu
wollen. La Touche schloß sich eng an die französischen
Maler des 18. Jahrhunderts an, deren Themen auch die
seinigen waren, also daß man ihn wohl in der Reihe der
Boucher und Fragonard nennen könnte. Am liebsten ver-
 
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