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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0326

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631

Vermischtes

632

Theodore Duret ein Geschenk in Gestalt dreier kleiner Öl-
studien von Courbet gemacht worden: ein Esel, eine tote Reh-
geiß und eine Weintraube, welche letztere noch besonderes
Interesse durch den Umstand erhält, daß sie von Courbet,
der sich bekanntlich als Revolutionär am politischen Leben
beteiligte, im Gefängnis gemalt worden ist.

Paris erhält wieder ein neues Museum: das Musee
Edouard Andre, das noch im Herbst des gegenwärtigen
Jahres eröffnet werden soll. Die verwitwete Frau Edouard
Andre hat dem Institut de France ihre Wohnungen am
Boulevard Haussmann mit der darin befindlichen Gemälde-
sammlung, sowie das Schloß Chaalis mit den umgebenden
Waldungen und Feldern der Domäne Ermenonville, nahe
bei dem Schloß Ermenonville, wo Jean Jaques Rousseau
starb und bis zur großen Revolution begraben war — ver-
macht. Die natürlichen Erben hatten zuerst gegen dieses
Testament protestiert, es kam indessen nicht zum Prozesse,
sondern man schloß einen Vergleich ab, der den Erben
einige Zugeständnisse macht und in der Hauptsache den
Willen der Erblasserin bestehen läßt.

Wien. Österr. Museum für Kunst und Industrie.

Die Aufstellung des neuerworbenen Brünner Porzellan-
zimmers ist schon kurz berichtet worden. Nun, da die
Publikation dieses Objektes durch Leisching-Brünn und
Folnesics (Kunst und Kunsthandwerk XVI) vorliegt, können
nähere Angaben gemacht werden. Es ist zweifellos, daß
dieses Zimmer die größte und wertvollste Erwerbung des
Museums in den letzten Jahren darstellt, wertvoll sowohl
in allgemeiner Hinsicht als eines der interessantesten kunst-
und kulturgeschichtlichen Dokumente der deutschen Rokoko-
zeit, als auch im besonderen für Wien als die umfang-
reichste und wohl auch bedeutendste Leistung aus der
Frühzeit der Wiener Porzellanfabrik. Das Zimmer ist mit
prächtig geschnitzten Holzlambris versehen, der Kamin,
die Hängelüster, die Wandleuchler, die Uhr usw. sind
ganz aus Porzellan. Außerdem sind an den Wänden, auf
dem Kamin, den Wandtischchen, auf Wandkonsolen gegen
100 Porzellane (70 Vasen, zwei Teller, zwei runde Platten,
ein Wappenschild, eine Schüssel, Tassen usw.) aufgestellt.
Das Charakteristische und Exzeptionelle an diesem Zimmer
ist, daß sämtliche Holzteile des Zimmers, die Sockelver-
kleidung, die Wände, Tür- und Fensterrahmen und -Aufsätze,
die Bilderrahmen, die Möbel, selbst die Fußbank und der
Spucknapf mit 1400 bemalten Zierplättchen aus Porzellan
belegt sind. Das Zimmer ist für das Porzellan direkt kom-
poniert, es ist »gleichsam ein großer Prunkschrank für
Porzellan, den aber der Beschauer nicht von außen be-
trachtet, sondern in den er eintreten kann«.

Dieses Zimmer befand sich bis zur Erwerbung durch
das Museum im gräfl. Dubskyschen Palais in Brünn. Das
Palais war 1805 in den Besitz dieser Familie gekommen.
Im 18. Jahrhundert besaßen das Palais (seit 1724) die Czobor
de Szent-Mihäly, seit 1762 die Piati. Im Zimmer fand sich
über dem Pfeilerspiegel ein Wappen der Piati; bei näherer
Untersuchung stellte es sich aber heraus, daß dieses Wappen
nur mit Ölfarbe auf einer bemalten Porzellanplatte auf-
gemalt war. Als man dieses aufgemalte Wappen ent-
fernte, kam das Wappen der Czobor zum Vorschein.

Die Schnitzereien des Zimmers und ein großer Teil der
Möbel stammen aus der Zeit nach 1740, verschiedene Ein-
richtungsgegenstände dagegen erst aus der Louis XVI.-Zeit.
Die Porzellane hingegen sind älter als das Zimmer. Die
meisten zeigen die charakteristischen Wiener Chinoiserien
und die bezeichnenden Blumen aus der ersten Periode
der Fabrik unter Du Paquier. Die Vasen zeigen durchaus
ostasiatische Formen in mäßigen Dimensionen. Die De-
korationsmotive sprechen teils für die Zeit zwischen 1719
- 1725, teils für die Zeit zwischen 1725—1730. Jedenfalls
sind die Stücke vor 1730 entstanden.

Übrigens sieht man an der Vertäfelung, daß das
Zimmer nicht für seinen letzten Aufenthalt im Dubskyschen
Palais gearbeitet war, sondern sich einmal an einem andern
Orte befunden haben muß, und daß es bei dieser Über-
tragung verkleinert worden ist. Aus der Tatsache, daß
einige Einrichtungsgegenstände aus der Louis XVI.-Zeit
ebenfalls mit den gleichen frühen Plättchen geschmückt
sind, ersieht man, daß diese Plättchen in den zwanziger
Jahren jedenfalls in größerem Vorrate gearbeitet worden
sind. o. P.

Das Kupferstichkabinett des British Museum bleibt
vom 8. September an auf mehrere Monate geschlossen.
Da die Sammlung während dieser Zeit selbst den wissen-
schaftlichen Beamten zum großen Teil unzugänglich sein
muß, wird es schwierig sein, auswärtigen Kollegen und
Forschern im gewohnten Maße Auskunft über die Bestände
zu erteilen. Die Direktion bittet daher um jede Nachsicht.

VERMISCHTES

Wien. Auf Anregung ihres Protektors, des Thronfolgers
Erzherzog Franz Ferdinand, hat die Zentralkommission für
Denkmalpflege einen Erlaß an ihre Konservatoren und
Korrespondenten geschickt, der bezweckt, die Ausfuhr
von Kunstwerken möglichst zu verhindern. Sollte der
Verkauf von Kunstwerken aus Privatbesitz unvermeidlich
sein, »so mögen sich die Besitzer an die Konservatoren
und Korrespondenten wenden, damit sie den Verkauf an
ein öffentliches Museum des Landes vermitteln«. Bei
drohendem Verkaufe ins Ausland steht dem Staate das
Vorkaufsrecht zu, und die Konservatoren sind verpflichtet,
bei allen ihnen bekannt gewordenen Fällen drohenden
Verkaufs der Behörde Mitteilung zu machen. Die in öffent-
lich rechtlichem Besitze befindlichen Antiquitäten sollen
überhaupt nicht oder nur dann, wenn das Objekt an seinem
Aufbewahrungsorte gefährdet wäre, veräußert und dann
stets an ein öffentliches Museum abgegeben werden.
Auch das bereits im Kunsthandel befindliche Kunstgut aus
heimischem Besitze soll dem Lande erhalten bleiben.

Leider müssen all diese Vorschläge, Aktionen und
Erlasse totes Papier bleiben, solange das seit langer Zeit
ventilierte Denkmalschutzgesetz nicht endlich dem Parla-
mente vorgelegt und hoffentlich auch angenommen wird.
Freilich ist zu beidem zurzeit wenig Aussicht vorhanden.
Und bis dahin ist die Zentralkommission trotz ihres neuen
Statutes und ihrer neuorganisierten Beamtenschaft der
privaten Spekulation gegenüber völlig machtlos.

Inhalt: Neuerwerbungen des Nationalmuseums zu Stockholm. — Wilhelm Albermann t; Fernand Pelezf; Aime Morot f. — Personalien.— Wett-
bewerbe: Bebauungsplan für Reichenberg in Böhmen, Botschafterpalais in Washington, Denkmal für Alexander II. in Petersburg. — Der
schiefe Turm in Pisa. — Denkmal der Brüder Van Eyck in Gent. — Holzmodell von S. Maria del Giglio e S. Giuseppe in Florenz. —
Ausstellungen in Mannheim, Frankfurt a. M., Karlsruhe, Paris. — Zu Veit Stoß. — Lady Carlisles Schenkung an die Londoner National
Gallery; Schenkungen an den Louvre; Musee Edouard Andre in Paris; Österr. Museum für Kunst und Industrie in Wien; Kupferstich-
kabinett des British Museum. — Ausfuhr von Kunstwerken aus Österreich.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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