Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

DOI Artikel:
Bötticher, Georg: Hat Schadow Goethes Gesicht abgegossen?
DOI Artikel:
Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0061

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
101

Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften

102

wohl sie fast 9 Jahre auseinander liegen«. Aber in-
dem er dennoch vorhandene Unterschiede anzugeben
versucht, findet er solche in Dingen, die gar nichts
mit der eigentlichen Abformung zu tun haben, son-
dern nachträgliche Zutaten der beiden Künstler sind.
So, wenn er von den geöffneten Augen beider Mas-
ken spricht, die allerdings jeder der beiden Künstler
in anderer Weise vorgenommen hat. Wenn er nun
gar behauptet: »Die äußeren Kennzeichen sind, daß
bei Weisser links und rechts einige Haare mit Auf-
nahme gefunden haben, während sie bei Schadow
durch ein Tuch überdeckt sind«, so muß er den
ersten, eigentlichen Qesichtsabguß durch Weisser (den
mit geschlossenen Augen) entweder nie gesehen, oder
beim Niederschreiben dieses Satzes total vergessen haben,
denn dieser Abguß hat ja ebenfalls das das Haar ver-
deckende Tuch, und zwar in jedem Fältchen genau
so, wie es die Schadowsche Maske zeigt. Nur die
danach angefertigte zweite Maske Weissers (die mit
geöffneten Augen) hat an Stelle des Tuches Ohren
und Haarpartien, die aber selbstverständlich von Weisser
erst hinzumodelliert worden sind.

MITTEILUNGEN AUS AUSLÄNDISCHEN
KUNSTZEITSCHRIFTEN

In Fortsetzung unserer früheren Berichte wollen
wir heute die neueren Zeitschriften Englands referieren.

Mit der Besprechung des Burlington Magazine
waren wir bis zur dritten Lieferung, zum Märzheft,
vorgeschritten. Dieses zeigt uns an erster Stelle eine
Abbildung nach dem Bildnisse eines Edelmanns aus
Venedig, von Tizian gemalt, und im Besitze Captain
E. G. Spencer-Churchills, Northwick Park. Das Bild
war sehr schmutzig und ist bisweilen auch als echter
Tizian bezweifelt worden. Nach der Reinigung wurde
es Sidney Colvin, der hier über das Bild berichtet,
gezeigt, nach dessen Meinung es ein echtes Werk
des berühmten Meisters in seiner späteren Malweise
von ungefähr 1565 ist.

Giacomo de Nicola setzt seine Notizen über das
National-Museum in Florenz fort. Im Depot des-
selben hat der Verfasser vor einem Jahre drei kleine,
in einer Art von Kalk modellierte Reliefs gefunden,
die er dem Donatello zuschreibt. Die Basreliefs stel-
len die »Dornenkrönung«, »Christus vor Pilatus« und
die »Kreuztragung« dar und messen 41,5X79 cm>
47X78 cm und 86X62 cm. Die Kalkschicht ist
mit Nägeln auf Holz befestigt und mit einer gelb-
lichen Tempera bedeckt, die nicht an allen Stellen
gleich gut erhalten ist und eine Art Vorbereitung
zur Vergoldung war, wovon hier und da noch Spu-
ren erhalten sind. Die Reliefs haben stark gelitten.
Von der »Kreuztragung« ist ein Stück verschwunden,
von der »Dornenkrönung« ein Teil zerbrochen; viele
Stellen sind beschädigt, mehrere ganz verloren ge-
gangen. Giacomo de Nicola meint, daß der Urheber
dieser Plastiken nur Donatello sein kann, für Bertholdo
sei die Komposition zu originell, und wenn dieser beste
Nachfolger Donatellos nicht in Betracht kommt, so

kann von den anderen überhaupt nicht die Rede sein.
Die Reliefs zeigen Zusammenhang mit der »Auferstehung
der Drusiana« in der Sakristei von San Lorenzo, mit
dem Forzori-Altar mit der Madonna mit den Engeln
und zwei Heiligen im Victoria and Albert Museum
in London, mit den Reliefs vom Altar in Padua und
noch verschiedenen anderen Werken des Florentiner
Meisters. Die Zuschreibung wird außerdem auch
durch die Herkunft wahrscheinlich gemacht. Die
Reliefs kommen unzweifelhaft von der Opera von
Santa Maria del Fiore, die in einem Schreiben vom
20. Januar 1823 samt mehreren Skulpturen von Luca,
Donatello, Michelangelo, Benedetto da Rovezzano usw.
den Uffizi »3 basso rilieve modellati in terra con
Storie della Passione di Nostro Signore« überläßt.
In den Inventaren der Uffizi von vor 1823 kommen
die Reliefs nicht vor. Mit vereinzelten Ausnahmen
kann man sagen, daß die Opera keine Werke besitzt,
die nicht für den Dom oder für das Baptisterium
gemacht sind. Man muß also unter den vielen Be-
stellungen, die Donatello von der Opera gehabt hat,
suchen, will man herausfinden können, welchen Mo-
tiven die Reliefs ihre Entstehung verdanken. Aus den
Archiven geht hervor, daß Donatello am 14. Februar
1437 mit der Herstellung einer der zwei bronzenen
Türen von der neuen, Sakristei des Doms beauftragt
wurde. Er hat diese Arbeit nicht ausgeführt; damit
ist aber nicht gesagt, daß auch keine vorbereitenden
Arbeiten da sind. Der Verfasser glaubt, daß die von
ihm gefundenen Reliefs dazu gehören. Die Maße
machen das sehr gut möglich. Nimmt man an, daß
die zweiteilige Tür fünf Reliefs zählte, in jedem Teil
vier von ungefähr 50X80 cm und in der Mitte
eines von 90X64 cm, und daß zwischen den Re-
liefs etwa 20 cm Zwischenraum gelassen war, so
bekömmt man eine Tür, die 4,10 m hoch und 2 m
breit ist, also ungefähr von denselben Maßen wie
diejenige, welche 1468 von Luca della Robbia für
die Sakristei abgeliefert worden ist. Wie schon ge-
sagt, erinnert der Stil dieser Reliefs stark an die
Stuccos in San Lorenzo, an das Forzori-Relief und
an andere Werke, die sich an die Paduaner Zeit an-
schließen, also aus den Jahren 1437—1446.

Mario Brunetti publiziert einen Brief (datiert vom
20. April 1775) des englischen Konsuls in Venedig,
John Udny oder Udney, an die »Inquisitori di Stato«,
worin dieser für Romney um Erlaubnis fragt, Tizians
»Johannes den Täufer« in Santa Maria Maggiore (augen-
blicklich in der Akademie in Venedig) kopieren zu
dürfen.

Campbell Dodgson beschreibt einen Holzschnitt,
oder besser das Fragment eines Holzschnittes, worauf
die Reliquien des Heiligen Römischen Reiches wie-
dergegeben sind, ein Geschenk von Senhor G. de
Nienna Kelsch an das Britische Museum. Das Blatt
hat der Sammlung des Barons Storck in Mailand an-
gehört, dessen Autograph mit der Jahreszahl 1797
sich auf der Rückseite befindet.

Kingsley Porter gibt einen Beitrag zur Chrono-
logie des karolingischen Ornamentes in Italien, im
Zusammenhang mit dem Grabmal des heil. Cumianos.
 
Annotationen