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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Nekrologe — Personalien — Ausstellungen

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Nachahmung von Einzelheiten zu heften. So konnte
sie ganz national werden. Aus solcher Empfindung
heraus hat Goethe dem großen Altertumsforscher und
Schriftsteller in seiner feinsinnigen Schrift über ihn
den Zoll seiner Dankbarkeit dargebracht.

NEKROLOGE

Erich Kuithan f. Nach kaum vollendetem 42. Lebens-
jahre ist in Jena der Maler Erich Kuithan gestorben.
Der Künstler lebte früher in Jena, wurde Professor an
der Königlichen Kunstschule in Berlin, kehrte dann aber
nach einigen Jahren seiner Lehrtätigkeit wieder nach Jena
zurück. Kuithans Bilder zeigten in Form und Farbe eine
starke Ausdruckskraft. Er gehörte zu den Künstlern, von
denen man glaubte, daß sie die Forderungen der neueren
Malerei würden erfüllen können, ohne alle Verbindungen
mit der Tradition grundsätzlich verneinen zu müssen.
Seine Bilder fanden auf allen Ausstellungen die größte
Beachtung. Die Eingangshalle der Universität Jena ist
mit Fresken von seiner Hand geschmückt.

Der Bildhauer Neumann Torburg ist in Elberfeld
im Alter von 61 Jahren gestorben. In seiner Vaterstadt
Elberfeld befinden sich zahlreiche Büsten verdienter Männer,
die im Museum, in der Stadthalle, im Stadttheater und in
öffentlichen Anlagen aufgestellt sind. Zu seinen Schöp-
fungen zählen auch das Armenpflege-Denkmal in Elber-
feld und das Kriegerdenkmal in Langenberg.

PERSONALIEN

Dr. Valentin Scherer ist zum Professor ernannt
worden. Diese Nachricht werden viele Fachgenossen mit
besonderer Freude lesen, die des schwergeprüften Mannes
Schicksale kennen und ihn trotz aller Hemmungen — er
ist blind und gelähmt — so rüstig und unerschüttert an
der Arbeit wissen. Sein Buch über die deutschen Museen,
das die Entwicklung des deutschen Sammelwesens durch
drei Jahrhunderte verfolgt, ist ausgezeichnet aufgeommen
worden; ein Buch über die Medici liegt seit Kriegsausbruch
druckfertig vor. Außerdem arbeitet der fleißige Forscher
an einem großen Werk über die Kataloge der deutschen
Museen, das eine erste Zusammenfassung der wissenschaft-
lichen Erfassung unserer Bilderbestände bieten wird; des
weiteren nähert sich ein Werk über Landsitze und Lusthäuser
der deutschen Fürsten im 17. und 18. Jahrhundert der Voll-
endung, das ein ungemein reiches und sehr reizvolles Kul-
turbild in künstlerischer Wertung vorführen wird. Wir
wünschen unserem verehrten Kollegen, daß er die Kraft,
die Frische und die Heiterkeit behalten möge, die ihn
bisher so siegreich im Ringen mit seinem Leiden machte;
die Wissenschaft verdankt ihm wertvolle Beiträge und
hofft noch viel von seiner stillen Arbeitsstube.

Der frühere Professor an der Kunstgewerbeschule in
Kassel, Professor Carl Brünner, konnte am 4. Dezember
auf Wilhelmshöhe seinen siebzigsten Geburtstag begehen.
Er war ein Mitschüler von Ferdinand Keller, Thoma und
Trübner an der Karlsruher Kunstschule. Seine viel-
seitige Begabung ließ ihn in allen Zweigen der Malerei
erfolgreiche Werke schaffen.

Dem Direktor des städtischen Kunst- und Gewerbe-
museums in Dortmund Albert Baum ist der Titel Professor
verliehen worden.

Am 7. Dezember beging der Schloßherr von Kreutzen-
stein, Graf Hans Wilczek in Wien, seinen 80. Geburts-
tag. Der Kunst und Wissenschaft ist Graf Wilczek als ein

fürstlicher Mäzen bekannt. Die Akademie der bildenden
Künste in Wien hatte ihn zu ihrem Ehrenmitgliede ernannt.
Der Wiederaufbau der Burg Kreutzenstein und nament-
lich die Ausschmückung der Innenräume mit den erlesensten
Kunstwerken aus romanischer und gotischer Zeit ist sein
eigenstes Werk.

AUSSTELLUNGEN
Die Berliner Sezession bereitet für ihre nächste
Ausstellung eine Gesamtschau über das Werk ihres Präsi-
denten, Lovis Corinth, vor.

Ausstellung altholländischer Gemälde in Amster-
dam. (Ein neuer Rembrandt.) In den Räumen des
Amsterdamer Künstlervereins »Arti et Amicitiae« hatte die
Kunsthandlung Goudstikker im Dezember eine sehr be-
merkenswerte Ausstellung altholländischer Gemälde aus
ihrem Besitz veranstaltet. Es war eine schön ausgewählte
und mit Geschmack angeordnete Sammlung, in der einige
der wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten Althollands zum
Teil in trefflichen Kabinettstücken vertreten waren. Sogar
von dem größten, von Rembrandt, war ein imposantes
Frühwerk anwesend, das Goudstikker in England entdeckt
hat. Ein neuer Rembrandt von solchen Qualitäten, solchen
Abmessungen (84X78) und so guter Erhaltung taucht
heutzutage so leicht im Kunsthandel nicht auf. Dargestellt
ist der Apostel Paulus, ein ehrwürdiger Greisenkopf mit
langem wallenden Kopf- und Barthaar und durchfurchter
Stirn, wie er über einen Folianten gebeugt, in angestrengtes
Nachdenken versunken im Schreiben innehält, die Feder
noch in der Rechten mit den dicken, ungegliederten Fingern
haltend, um gleich wieder im Schreiben fortzufahren, wenn
er den passenden Ausdruck für seine Gedanken gefunden
hat; die Linke ruht auf dem Buch. Er blickt vor sich hin,
gleichsam in sich starrend, seine rechte Gesichtshälfte ist
in Schatten gehüllt, die linke voll beleuchtet; auf dem
Tisch vor ihm liegt ein Haufen Bücher, die sehr natura-
listisch behandelt sind, ein prächtiges Stilleben, sein Schwert
und links ein Blatt Papier mit der vollen Signatur. — Rem-
brandt hat dem Apostel Paulus in seinen jungen Jahren
ein besonderes Interesse entgegengebracht; verschiedent-
lich hat er ihn dargestellt, aber dann in viel kleinerem
Format, wie wir ja aus seiner allerersten Periode fast nur
kleinfigurige Bilder von ihm kennen. Auch der Typus,
dieser mächtige Kopf, mit reichem Haar- und Bartschmuck,
begegnet in dieser Zeit; zu dem ebenfalls in tiefes Nach-
sinnen versunkenen Paulus in Nürnberg und dann zu dem
finsteren Greisenbildnis in Petersburg, das in den Ab-
messungen dem Goudstikkerschen Paulus ziemlich nahe
kommt. Sehr viel später hat Rembrandt noch einmal den-
selben Gegenstand, einen schreibenden Evangelisten, dar-
gestellt, den Matthäus des Louvre von 1661, der fast das
gleiche Format hat, wie der Paulus. Das Thema und der
äußere Rahmen sind hier fast identisch; in beiden Fällen:
die Halbfiguren zweier Greise, über ihren Büchern sitzend,
und im Schreiben innehaltend; und doch wie verschieden
sind Auffassung und Behandlung! Statt der etwas bäuer-
lich-robusten Paulusfigur mit ihren groben Händen und
ihrer ruhigen Sicherheit haben wir hier einen mehr ver-
geistigten, grüblerischen und etwas asketischen Typus, mit
abgemagerten Zügen, hohlen Wangen und schmalen, ner-
vösen Händen. Zweifel haben diesen Mann gequält,
schwere innere Kämpfe hat er durchgefochten, bis er die
himmlische Stimme vernehmen durfte, die aus dem Engel
hinter ihm zu ihm redet. Der junge Rembrandt läßt den
Apostel aus eigener Kraft die Wahrheit finden, der alte
Rembrandt gibt dem Evangelisten einen Engel zur Seite,
der ihm die Wahrheit zuraunt; und Matthäus lauscht dieser
 
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