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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Kurth, W.: Ein neuer Tizian und andere Erwerbungen im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0093

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165

Nekrologe — Personalien —

Sammlungen — Ausstellungen

166

Diese dekorative Freude, die dem festlichen Prunk
Kölns angehört, und die mehr chronisierende Erzählung
bringen den Meister in nähere Beziehung zu den
späten kölnischen Meistern, besonders zu dem Sippen
meisten Eine heilige Familie von Hans Burgkmair,
aus dem Kasseler Kunsthandel, trägt viele Merkmale
seiner Spätzeit. Die Komposition drängt mit einer
gewissen Absichtlichkeit die Körper in den Vorder-
grund und die Zeichnung rundet oft mit stark über-
schneidenden Kurven die Form zu fast barocken
Schwellungen. Da der Ausdruck nicht sonderlich
mitspricht, liegt der Nachdruck allein auf einer
dekorativen Formengebung, wie sie zwischen 1520
und 1530 für den Meister typisch ist. Das Ita-
lienische, das ihn hier wieder mehr ergreift, hat auch
dem Thema den kleinen Johannes zugeführt. Durch
das Geschenk der Erben Ludwig Knaus ist die Cranach-
Sammlung des Museums um eins der schönsten Stücke
bereichert worden. Eine kleine Tafel mit einer Lukretia
vor schwarzem Grund aus dem Jahre 1533. Unter
den vielen ähnlichen Figuren Cranachs wüßte man
nicht eine zu nennen, die diesem Exemplar in Zeich-
nung und Kolorit gleichkäme. Selbst die gleiche Figur
im Staedel-Frankfurt (1532) bleibt wenigstens in der
Formengebung zurück. Kaum je hat der Meister die
gotisiererde Grazie seines Spätstils schalkhafter und
freier den ganzen Körper, auch den Gesichtsausdruck,
umspielen lassen. Weniger puppig und geziert als
in den Stehmotiven seiner weiblichen Akte, hat er
durch das Schrittmotiv, dessen wiegende Ponderation
in der Hüfte meisterhaft erfaßt ist, größere Frische
und Freiheit in das Motiv gebracht. Auch die Einzel-
form wird von einer Beobachtung getragen, die an
Individualität ebenso lebendig ist wie die Farbgebung,
die unter dem goldenen Ton des Karnats in allen
Feinheiten spiegelt. Dem Cranach mit Recht zuge-
wiesen wird das Porträt eines Mannes mit Pelz, aus
Wiener Privatbesitz, das der frühen Periode etwa 1510
angehört. Von den späteren Meistern des 17. Jahr-
hunderts ist besonders das Kircheninterieur von Emanuel
de Witte zu nennen, das den Meister in einer weniger
bekannten Note zeigt. Kaum würde man in den
hellen, ganz durchsonnten Farben von zartem Grau
und Gelb dieses Stückes den Meister aus seiner späten
Zeit erkennen, in der die Helldunkelwirkungen oft
forciert erscheinen. Auch die einfache Ansicht dieses
Interieurs weicht von den kulissenhaft arrangierten
Szenerien ab. Der Raum, Jesuitenbarock, ist vielleicht
überhaupt mehr in Flandern zu suchen, und dieses
Werk in der Frühzeit, etwa Mitte der fünfziger Jahre.
Ebenso nimmt hinsichtlich seiner Qualität die Furt
von Jan Siberechts, der bisher in der Galerie nicht
vertreten war (dat. 1670), eine gewisse Ausnahme-
stellung ein. Besonders zeigt der Hintergrund, eine
Wiese unter Baumgruppen mit großen quellenden,
weißen Wolken auf tiefem blauen Himmel, malerische
Tonqualitäten, die dem Amsterdamer Meister nicht
immer geläufig sind und die seinen oft metallischen
Vordergründen fehlen. In diesen Tonwerten liegt fast
eine Erinnerung an holländische Vorbilder.

W. KURTH.

NEKROLOGE

Hyazinth Holland f- Am 6. Januar starb in München
der um die bayerische Künstlergeschichte hochverdiente
Literatur- und Kunsthistoriker Prof. Dr. Hyazinth Holland
im 91. Lebensjahre. Er schrieb u. a. eine >Geschichte der
Münchener Frauenkirche«,biographische und kunstgeschicht-
liche Artikel über Pocci, Schwind und Albr. Adam und
gehörte zu den Mitarbeitern des Thiemeschen Allgemeinen
Künsüerlexikons«. Sein ungemein reichhaltiges Archiv, wohl
das vollständigste zu einer Geschichte der bayerischen
Künstler, hat er der Münchener Hof- und Staatsbibliothek
hinterlassen.

PERSONALIEN

Der Maler Karl Hofer ist aus der Kriegsgefangen-
schaft freigelassen worden. Hofer weilte bei Ausbruch
des Krieges in Paris und wurde als Zivilgefangener inter-
niert. Trotz mancher böser Erlebnisse soll es dem Künst-
ler doch möglich gewesen sein, künstlerisch zu arbeiten,
wovon in nächster Zeit eine Ausstellung seiner Werke Zeug-
nis ablegen wird.

München. Prof. Dr. E. W. Bredt wurde in An-
erkennung seiner Verdienste bei der Neueinrichtung der
Graphischen Sammlung in der Neuen Pinakothek der
Michaelsorden IV. Klasse mit der Krone verliehen. Die
gleiche Auszeichnung erhielten aus Anlaß des Geburtstages
des Königs der Direktor des Bayerischen Nationalmuseums,
Prof. Dr. Ph.M. Halm, und Prof. v. Bassermann-Jordan.
Sehr erfreulich ist es, daß unter den Künstlern, die Aus-
zeichnungen erhalten haben, weit weniger »Kitsch.maler
sind als in früheren Jahren, und daß man mit der Erteilung
des Künstlerprofessors doch etwas wählerischer umgeht.

Den Professortitel erhielten die Maler Karl Caspar,
H. Heider, Ludw. Hohlwein, P. Rieth, Adolf Schinnerer,
R. M. Eichler, Bildhauer Schwegerle und Th. Georgii, die
Architekten Dr. v. Kube, P. L. Troost und K. Sattler, ferner
Konservator Dr. R. Hoffmann und der Konservator am
Germanischen Museum in Nürnberg, Dr. Fr. Tr. Schulz.
Den Titel und Rang eines Königl. Geh. Hofrats erhielten
Prof. Dr. H. Wölfflin und Prof. Dr. P. Wolters sowie die
Maler K. v. Marr und H. v. Zügel. a. l. m.

Der Schwarzwaldmaler Kurt Liebich in Gutach und
der Maler Hermann Dischler in Hintergarten wurden
vom Großherzog von Baden zu Professoren ernannt.

SAMMLUNGEN

Arnold Böcklins »Frühlingserwachen« ist von dem

eidgenössischen Ausschuß der Gottfried Keller-Stiftung an-
gekauft und der öffentlichen Kunstsammlung in Basel über-
wiesen worden.

AUSSTELLUNGEN

Die Große Beritner Kunstausstellung wird auch
in diesem Jahre wieder in zwei Teilen stattfinden und zwar
die eigentliche Sommerausstellung in Düsseldorf, am 11. Mai
beginnend, und dann im Herbst die Ausstellung in der
Berliner Akademie der Künste. Die Leitung liegt in den
Händen von Prof. Max Schlichting, Berlin und Akademie-
direktor Röber, Düsseldorf. Es wird eine möglichst um-
fassende deutsche Kunstschau angestrebt, zu der bereits
auch die beiden Berliner Sezessionen ihre Teilnahme zu-
gesagt haben.
 
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