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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Kriegsbilderausstellung des k. u. k. Kriegspressequartiers im Künstlerhaus in Wien
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Wichmann, Heinrich: Alte Kunst aus schlesischem Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0146

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Alte Kunst aus schlesischem Privatbesitz

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ein weites Bild vor uns auf: Bilder, die der Weite
bedürfen, um all den Reichtum der wechselnden Mo-
tive in sich fassen zu können und eine Weite, die
den Maler zwingt, das große Gebiet, das er schildern
will, halb aus der Vogelperspektive darzustellen, um
bis in die tiefsten Gründe noch gleiche Klarheit be-
wahren zn können. Am bezeichnendsten in dieser
Art sind wohl die Bilder mit der Belagerung von
Belgrad und den Barrikadenkämpfen in Belgrad. Un-
willkürlich erinnert man sich der gleichen Schilderlust
eines Pieter Brueghel. Und wie bei diesem frühen
Vorfahren spielen auch hier der Zusammenhalt und die
Harmonie der Farbe, die die tausend Einzelheiten zur
malerischen Einheit verbindet, eine große Rolle, wobei
bei Laske noch die Intensität der Raumanschauung zu
betonen ist, die ein Bild, wie den Marktplatz von War-
schau, gut zu illustrieren vermag. — In ganz anderer
Art steht diesem allseitigen Schildern einer Situation
Sterrer gegenüber, der mit vielen Porträts in der Aus-
stellung vertreten ist, die aber in der Auffassung und
Komposition nichts Neues gegenüber der Veranstaltung
im Künstlerhaus bieten, dessen Schilderung des Lebens
im Schützengraben, mit seiner allzu leicht ins Allegorische
umschlagenden logischen Verknüpfung der Vorgänge,
sich entgegen den frei und wie zufällig neben einander
angeordneten Gliedern von Laskes Kompositionen in
strenger Symmetrie und Abgewogenheit bewegen.

Die freie Weite der Raumanschauung, die in Laskes
Bildern so wichtig war, spielt auch in den Zeich-
nungen F. A. Hartas eine bedeutende Rolle, geht
aber auf ein ganz anderes Ziel hinaus als die Laskes.
Dort Gelegenheit zum reichen Schildern, fußt sie hier
in einer neuen Verlebendigung des Raumes. Mit
wenigen schattenlosen Strichen sind die Figuren (es
handelt sich meist um Marktszenen) in die Fläche
hineingesetzt, so daß ihre einzelnen Gruppen wie fest
ineinander verkettete Glieder eines großen Ganzen
wirken. Dazu kommt in den farbigen Zeichnungen
das Interesse, neue Farbenharmonien aufzustellen, helle,
klare, flutende Farben, denen das Gedämpfte und Kom-
pakte, das Unfreie und Tiefe früherer Zeiten fremd ist.

Man kann diese neuen Bestrebungen mehr als in
den Zeichnungen Hartas und in einer ihm fremden
Weise in einem Bild wie dem E. Kozels »In der
Kirche« verfolgen, wo die neue Farbenbedeutung sich
in einer fast asketisch auf den Reichtum der Farben
verzichtleistenden Weise geltend macht: alles beherrscht
ein ins grünlich gestimmtes Blau und Gelb, dem die
verschwindend kleine Rolle, die ein Grün und Matt-
rosa spielen, die notwendige Fülle gibt. Alle andern
Farben und Töne sind ausgeschaltet. — Und wieder
in anderer Art, wenn auch vom selben Strome ge-
tragen, ändert sich dieses Asketentum der Farbe in
dem Bild »Bulgarischer Train mit Kamelen« von
dem Ungarn Johann Vaszari. Alle Flächen sind
aufgelöst in sich streifenartig aufhellende Farben, durch
die Einheit der Farbe aber doch wieder zu großen
Komplexen zusammengehalten. Auch hier wieder
spielen Blau und Gelb mit Braun die Hauptrolle, dem
sich ein vermittelndes Violett und die Kontrastver-
bindung Rot und Grün einschmiegen.

Neben Vaszary verdienen unter den Ungarn vor
allem die Zeichnungen Eugen Remseys Beachtung.
Die reichen Kollektionen von Zeichnungen von Geza
Maröti und Stefan Zädor geben in dem einen Fall
Bilder aus dem Orient in düster fahler Stimmung, die
andern (von Zädor) treue Beobachtung der Kriegs-
episoden.

Neben diesen Bildern gibt es eine Fülle solcher,
die in konventioneller Weise dem Gegenständlichen
gerecht werden.

So waren wohl den verschiedenen Temperamenten
gemäß die verschiedensten Arten der Auffassung ver-
treten : gegenüber der atemraubenden Leidenschaft der
Kampfeswut und Kriegsgreuel die porträtmäßigen
Schilderungen äußerer Umstände, gegenüber der genre-
mäßigen Erfassung von Nebenepisoden die ernsthaft
einherschreitende Allegorie, gegenüber den Landschafts-
darstellungen märchenhafte Idyllen (Staeger) — ein Bild
des vielgestaltigen menschlichen Lebens. A. E. P.

ALTE KUNST AUS SCHLESISCHEM
PRIVATBESITZ

Zum Besten des nationalen Frauendienstes und des
Fonds für verwundete und erkrankte Krieger hat die Galerie
Möller in Breslau eine Ausstellung alter Bilder aus schlesi-
schem Privatbesitz zusammengestellt. Derartige Veranstal-
tungen bieten dem Kunstfreunde gute Gelegenheit, sich an
Werken zu erfreuen, die nicht immer zugänglich sind, dem
Historiker zeigen sie meist eine Reihe seltenerer Meister.

Die niederländische Kunst ist auch diesmal, wie
meist bei Darbietungen aus Privatbesitz, besonders reich
vertreten. Ein altniederländisches Gemälde, um 1490,
»Ruhe auf der Flucht der hl. Familie« (Besitzer: Hans
Küster in Breslau) könnte nach dem Gesichtsausdruck
der Maria, ihrer ovalen Gesichtsform, die an Geertgens
Köpfe erinnert, holländischen Ursprungs sein. Auch die
starre Faltengebung ohne jeden Schwung erinnert an
die Art jenes Meisters, während die Landschaft des
Hintergrundes die Weise des Gerard David zeigt. —
Meister von Antwerpen ist eine Grablegung genannt
(Besitzer Geh. Rat Fischer in Breslau), auf der der Johannes
schon den schmerzlich barocken Ausdruck hat, wie wir ihn
bei Barent van Orley finden. Auch das changeant Grün
im Gewand des Joseph von Arimathia zeigt, daß das Bild
von einem archaisierenden Meister, wie es etwa der Maitre
d'Oultremont war, stammt, der in Einzelheiten sich als
Künstler seiner Zeit nicht verleugnen kann. Eine große
Kreuztragung (links unten falsch bezeichnet mit dem Mo-
nogramm Dürers) trägt den Namen Hieronymus Bosch,
an den die Typen mit Hakennasen erinnern (Besitzer
Regierungspräsident von Miquel in Oppeln). Es ist zweifel-
los holländischen Ursprungs nach der Art, wie vorn Zu-
schauerfiguren mit dem Rücken zum Beschauer den Vorder-
grund beleben. Auch das Licht, das sich in Reflexen auf
den Gesichtern spiegelt, die Kostüme (zumal der Frauen)
und schließlich die Farben, unter denen aus den meist
schwarzen Gewändern Gelb und Weiß herausleuchten,
sprechen dafür. Viel Gold findet Verwendung in den
Rüstungen der Kriegsknechte, die im einzelnen peinlich
genau ausgeführt sind. Rechts vorn steht eine Marktfrau
mit einem Hühnerkorb auf dem Kopf und einem Eierkorb
am Arm, die an die Figuren Pieter Aertsens erinnert. Man
denkt an die Bilder, die auf Grund der Amsterdamer
Zeichnung dem Aertgen van Leyden zugeschrieben sind,
 
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