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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Wichmann, Heinrich: Alte Kunst aus schlesischem Privatbesitz
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0148

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Alte Kunst aus schlesischem Privatbesitz — Personalien — Ausstellungen — Vereine

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dem helle rote und blaue Töne neben glattem schmutzigen
Rosa hervorstechen. Auch hier sucht er seiner schwachen
Raumdarstellung durch Kulissen, die schräg nach den Bild-
rändern zulaufen, aufzuhelfen.

Unter den italienischen Bildern der Ausstellung ver-
tritt das Trecento eine alttoskanische Schule genanntes Stück,
Maria mit Jesusknaben und zwei Heiligen vor Goldgrund
auf blumiger Wiese, das aber mehr in den Marken oder
in Umbrien in der Nähe des Oentile da Fabriano ent-
standen sein wird. Aus dem späten Quattrocento ist eine
Madonna mit dem Jesusknaben vor einer Balustrade, auf
der ein Stieglitz sitzt. Die Terra ferma von Venedig, die
mittlere Zeit des Bellini, für den der Gesichtstypus nicht
paßt, der vielmehr auf die Meister Cima und Basaiti hin-
weist, hat auf das Bild mehr Anspruch, als Francesco del
Cossa, dem es zugeschrieben ist. — Von dem Sienesen
Domenico Beccafumi (1486—1551) zeigt eine kleine
gut komponierte Grablegung (Besitzer: Dr. Loewe in Bres-
lau) diesen Epigonen Raffaels und Michelangelos sich
von der klassischen Farbenbegebung zu den schillernden
Changeanttönen des Barocks zuwenden. Von Moretto
da Brescias (1498—1555) Bildniskunst gibt ein schlafender
bärtiger Mann, wohl ein Ausschnitt, (Besitzer: Dr. Loewe)
einen kleinen, aber doch in der breiten Malweise der
schwarzen Flächen mit dem Silberton und dem lässigen
Ausdruck des Cinquecento, typischen Begriff.

Ein Gemälde des 18. Jahrhunderts mit der Darstellung
der Callisto vor Diana dürfte nach der interessanten
Beleuchtung und der Zusammenstellung der Farben von
einem mittelitalienischen Meister herrühren. — Eine Bronze-
gruppe, Raub des Boreas darstellend, zeigt in sehr
starker Bewegung der gedrehten Glieder die Nachfolge
des Bernini und in Einzelheiten auch schon die Formen-
gebung des Rokoko. Dr. Heinrich wichmann.

PERSONALIEN
Der preußischen Landeskunstkommission gehören
nach den letzten Wahlen folgende ordentliche Mitglieder
an: Geheimrat Bestelmeyer, Exz. von Bode, Akademie-
direktor Graf von Brühl, Exz. Graf von Dönhoff-Friedrich-
stein, Prof. Otto H. Engel, Geheimrat von Falke, Prof. E.
von Gebhardt, Prof. Günther-Gera, Prof. Hans Herrmann,
Prof. Ludwig Justi, Prof. Fr. Kallmorgen, Prof. Arthur Kampf,
Prof. Max Liebermann, Prof. L. Manzel, Prof. Walter
Petersen, Prof. M. Roeber, Prof. Fritz Schaper, Prof. M.
Schlichting, Geheimrat Schwechten und Prof. L. Tuaillon.

Der Bildhauer und Architekt Theodor Schnell in
Ravensburg ist zum Professor ernannt worden.

Prof. Bernhard Buttersack, der bekannte Münchner
Landschaftsmaler, vollendete am 16. März sein 60. Lebens-
jahr. Er gehört zu den Gründern der Münchner Sezession
und war auch auf den Berliner Sezessionsausstellungen
mit Erfolg vertreten. Die- Museen in München, Stuttgart
und Wiesbaden besitzen Werke seiner Hand.

Der Architekt Eduard Pfeiffer, Lehrer an der Lehr-
anstalt des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin, ist als
Professor an die Kgl. Kunstgewerbeschule nach München
berufen worden und wird hier an Stelle Campbeils seine
Lehrtätigkeit für Innenarchitektur und Raumkunst am
1. April beginnen.

AUSSTELLUNGEN
Die diesjährige Ausstellung der Freien Sezession
in Berlin wird als Hauptteil eine große Gedächtnisaus-
stellung für Wilhelm Trübner bringen. Durch das Ent-
gegenkommen der Erben des Meisters sind aus dem Nachlaß
die wichtigsten Werke für die Ausstellung gewonnen worden.
Sie wird am 15. Mai eröffnet werden und einen reichen Über-
blick über die zeitgenössische deutsche Kunst gewähren.

Die Münchener Neue Sezession veranstaltet in der
Galerie Caspari eine Graphische Ausstellung. Sie ist sehr
reich beschickt und hat Niveau. Freilich trotz aller Lebendig-
keit, trotz aller guten und erfreulichen Leistungen nirgends
eine geniale Note. Charaktervoll wie immer sind die Blätter
Schinnerers und Kubins, Großmanns und Purrmanns. Sehr
beweglich wirkt Carl Caspar, unter den Aquarellen Pech-
steins finden sich zwei starke Stilleben, die Arbeiten Oskar
Molls sind dagegen von einer zu gefälligen Süßlichkeit.
Frau Caspar-Filser wirkt diesmal nicht so sicher und klar
wie sonst, O. Coester bedauerlicherweise recht äußerlich,
es steckt etwas von Meyrinkschem Panoptikums-Spiritismus
in seinen Blättern. Noch unausgeglichen, aber doch ge-
haltvoller als die meisten seiner Gemälde wirken einige
Aquarelle von Jos. Eberz. Klees geistige Akrobatenkunst-
stücke erscheinen mir so manieriert und jeder großen Kunst
fern wie am ersten Tag. Sehr erfreulich ists dagegen, daß
der sehr talentierte Ad. Jutz eine immer freier werdende
künstlerische Handschrift gewinnt. Das gleiche darf von
Otto Lange und Felix Müller gesagt werden. R. v. Hörschel-
mann bleibt seiner romantischen Note mit Geschmack ge-
treu, Seewalds munteres Talent spendet sorglos aufs neue
niedliche Blätter. Unolds Holzschnitte wirken ein wenig
gezwungen, dagegen lassen die Zeichnungen Karl Arnolds
erhoffen, daß dieser Künstler, der in den letzten Jahren
eine immer größere Selbständigkeit gewonnen hat, uns
einmal neue Meisterblätter des Holzschnitts schenken wird.
Scharffs Arbeiten sind wie stets von gespannter Geistigkeit
und fesselndem Rhythmus, in manchem aber noch nicht
ausgeglichen. Aber man spürt die langsam reifende Meister-
schaft. R. Siecks Landschaften sind sauber und brav wie
immer, aber innerhalb der Neuen Sezession sehr fehl am
Ort. Auf Genins jüngste Graphik wurde schon gelegent-
lich der Ausstellung bei Tannhauser rühmend hingewiesen.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß von
Kokoschka und Lehmbruck ältere Arbeiten zu sehen sind,
ferner neben einigen markigen Holzschnitten W. Teutschs
die noch immer von Renoir inspirierten Lithographien Willi
Nowaks keinen Fortschritt verraten, und Otto Kopp, J. W.
Schülein, Fr. Schäfler und Nölken sich bemühen, mit den
stärkeren Talenten Schritt zu halten. a. l. m.

VEREINE

Der neue Vorstand der Münchener Künstlerge-
nossenschaft setzt sich für das Jahr 1918 wie folgt zu-
sammen: Präsident: Karl von Marr, Stellvertreter: Karl
Thoma-Höfele, Schriftführer: Ludwig Bogliano, Stellvertre-
ter: Max Doerner, Kassierer: Hermann Knopf. Vorstands-
mitglieder: Richard Aigner, Ludwig Dasio, Martin von
Feuerstein, Gebhard Fugel, Karl Hartmann, Eugen Hönig,
Hermann G. Kricheldorf, Emil von Lange, Franz Multerer,
Julius Schräg, Karl Seiler, Heinrich Wadere und Walter
Ziegler.

Inhalt: Kriegsbilderausstellung des k. u. k. Kriegspressequartiers im Künstlerhaus in Wien. Von A. E. P. — Alte Kunst aus schlesischem Privat"
besitz. Von Dr. Heinrich Wichmann. — Personalien. — Ausstellungen in Berlin und München. — Münchener Künstlergenossenschaft.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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