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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Ferdinand Hodler
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0194

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363

Ferdinand Hodler f — Personalien — Ausstellungen

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kommener Weise verkörperte, sondern weil beide
gleichermaßen Anschluß suchten an die Kunst früherer
Zeiten, die man als die eigentlich nationale zu be-
trachten sich gewöhnt hatte. Hodlers schweizerische
Landsknechte knüpfen nicht zufällig an die Gestalten
des Urs Graf und Nikolaus Manuel Deutsch an, sondern
sie stammen in einer unmittelbaren Linie von diesen
ab. Nicht daß sie Kopien oder Nachahmungen wären.
Aber Hodler hat sich bemüht, in Geist und Methode
dieser alten Meister einzudringen, und er hat sich ge-
wöhnt, zu zeichnen, wie sie es taten. Er geht in der
Formung der Einzelfigur nicht von dem Gesetz des
Bildganzen aus, wie es der Grundsatz alles modernen
Kunstschaffens ist, sondern er schließt jede Figur in
sich ab, und er setzt, wie oft jene alten Meister es
taten, von denen er lernte, aus so gestalteten Einzel-
elementen, die auch als selbständige Bilder bestehen
können, seine großen Kompositionen zusammen. Seine
Figuren bleiben leicht wie in einer heftigen Bewegung
erstarrt, und auch dies hängt letzten Endes zusammen
mit dem Fehlen eines übergeordneten Gedankens rhyth-
mischer Bindung und damit, daß nicht durch innere
Beziehungen die Fläche selbst gleichsam lebendig
gemacht ist, sondern die Gruppe als eine positive
Wesenheit der Fläche, die als solche negiert ist, auf-
gedrängt wird.

Daß Hodler trotz dieser Wesenszüge seiner Kunst,
die ihn grundsätzlich fremd in unserer Zeit erscheinen
lassen, zu einem Führer moderner Malerei werden
konnte, lag einmal rein äußerlich daran, daß er seine
Palette aufhellte, vor allem aber an dem Umstände,
daß sein Werk in eine Zeit traf, in der, zumindest in
Deutschland, die Sehnsucht nach einem starken Aus-
druck seelischen Lebens in der Kunst wieder er-
wacht war.

Von dieser Welle der Entwicklung wurde Hodlers
Kunst emporgetragen, und sie erlangte eine Berühmt-
heit, die den Strömungen des Tages ferner stehende
spätere Generationen auf das rechte Maß werden zu-
rückführen dürfen. In der Schweiz gab Hodler der
Malerei seiner Zeit das spezifische Gepräge und wurde
damit zum führenden Meister, wie einst Burne-Jones
n England es vermocht hatte. In Deutschland hat
r nicht eigentlich Schüler gefunden. Wohl aber
wurde sein Schaffen zur wertvollen Bestätigung ver-
wandter Bestrebungen. Monumentale Aufgaben wurden
ihm anvertraut. Für Jena, für Hannover malte er um-
fangreiche Wandbilder. Und die solche Aufträge vor
Jahren dem Schweizer Meister zuwiesen, sollen heute
nicht der Ausländerei geziehen werden, da in jenem
weiteren Sinne, der vor dem Kriege galt und hoffent-
lich nach ihm wieder gelten wird, auch Hodler ein
deutscher Künstler gewesen ist. G.

PERSONALIEN

Als Nachfolger Karl Volls wurde der außerordentliche
Professor und Kustos der Architektursammlung in München,
Dr. Joseph Popp, zum ordentlichen Professor für Kunst-
geschichte und Ästhetik an der Technischen Hochschule
in München ernannt. Professor Popp, 1867 zu Donauwörth
geboren, hat über die Münchener Dreifaltigkeitskirche, über
Steinle, Albert von Keller u. a. geschrieben.

Geheimer Hofrat Professor Eugen Bracht in Dresden
hat vom König^von Sachsen den Titel und Rang eines
Geheimen Rates, Professor Ludwig von Hofmann den
Titel eines Geheimen Hofrates erhalten.

Zu Mitgliedern der Dresdener Akademie der bil-
denden Künste sind ernannt worden: Professor Ludwig
Dettmann (Berlin), Professor Albert von Keller (München)
und Stadtbaurat Professor Hans Poelzig (Dresden).

AUSSTELLUNGEN

Leipzig. Ausstellung bei Beyer & Sohn. Am

Pfingstsonntag wurde dort die erste eigentliche Gedächtnis-
ausstellung für Toni von Stadler eröffnet. Sie gibt an
25 Ölbildern, mehreren Zeichnungen und 14 von den duftig
zarten, jetzt ganz selten gewordenen Lithographien, zum
Teil aus Privatbesitz, einen guten Überblick über das
Schaffen. Einige ältere Werke wie »Abendrot« zeigen das
Herauswachsen aus der älteren Münchener Landschafts-
schule, speziell Schleich. »Brachland« läßt in den feinen
rosa und grünen Tönen und dem weichen Auftrag die
Erinnerung an die französischen Landschaften eines Renoir
nachzittern. Der Höhepunkt scheint etwa 1900—1910 zu
liegen und in den kleinsten Formaten. Das »Metellagrabmal«
von 1910 ist wohl das allerschönste Stück von fabelhafter
Größe, in Auffassung und Technik in aller Kleinheit. Ihm
nähern sich »Der Regenbogen« von 1902, »Das Busch-
werk in Abenddämmerung« von 1907, die zart graubraun
und himmelblau gestimmten »Boote« 1910, das poesie-
volle »Alte Haus« und »Der Fischweiher«, bei dem höch-
ster Intimitätsreiz ohne jegliche Kleinlichkeit erreicht ist.
Interessant ist das Spätherbstmotiv im bayrischen Gebirge
der Chemnitzer Kunsthütte von 1912 mit dem fast gleichen
größeren aus Privatbesitz von 1915 zu vergleichen. Da
wird man bestätigt finden, daß in den späteren Bildern
und größeren Formaten eine gewisse kühle Gleichmäßig-
keit der Mache, die spitzige Spritztechnik zunimmt, wenn
die Werke auch immer noch Meislerschöpfungen sind.
Man freut sich, neben den typischen bayrischen Fernblicken
auch andere Motive wie »Bei Leyden«, »Gehöft im Grünen«
zu finden (1915), von einer großen Vereinfachung der Linien.
Die unvollendeten Bilder, wie »Windmühlen am Kanal« u. a.
wirken bereits sehr stark. Man empfindet das Fehlen der
spitz aufgesetzten Lichter, die der Künstler offenber erst
zum Schluß aufzutragen pflegte, sogar teilweise angenehm.
Zugleich geben die Bilder einen Einblick in die Arbeits-
weise des Künstlers. Im ganzen bestätigt die Ausstellung,
daß Stadlers Schaffen, zwar eng begrenzt, in der Entwicklung
sehr behutsam, jahrelang fast gleichstehend war, daß aber
Qualität und eigener Persönlichkeitswert es zu den besten
Leistungen auf dem Gebiet der deutschen Landschafts-
malerei emporheben. Einige besondere Gaben, wie ein
farbig aparter Wandbildentwurf aus Klingers Akademie-
zeit, das Bildnis des Neffen von Sievogt von 1891, ein
Meisterstück aus Weißgerbers impressionistischer Periode
eine Strandpromenade von wunderbarer Farbendelikatesse,
ein guter Schleich, ein frühes Kabinettstück von Kühl »In
der Wirtsstube«, ein winziges aber hervorragendes Aquarell
»Allee« von Liebermann, ein größeres »Mäher« von Vincent
van Gogh, ein reizvoller Blick auf die Seine von Zeising,
Der Zauberer von Oberländer u. a. m. schließen sich an.
Die unteren Räume beherbergen Thomararitäten, wie das
Ölgemälde aus Hildebrands Villa in Florenz von 1887, eine
Landschaft mit Kühen von 1892, malerisch saftig und kraft-
voll, Thomazeichnungen der 1880 —90iger Jahre, wovon
besonders die Rötelzeichnung eines sinnenden, nach rechts
sitzenden Mädchens und die Zeichnung von Oberursel
 
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