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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Friedländer, Max J.: Dürer und sein Doppelgänger
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Galeriefreunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0206

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387

Dürer und sein Doppelgänger — Oaleriefreunde

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Solche Beispiele lassen sich vermehren. Im ganzen
hätte der Meister X nicht etwa Dürers Schöpfungen
gekannt und ausgenutzt, sondern einen Einblick in
das Inwendige Dürers gehabt und Gestaltungen Dürers
vorweggenommen.

• Drei Figürchen bilde ich nebeneinander ab und
bitte zu entscheiden, in welchem Verhältnis sie zu-
einander ständen.

Mir scheint, diese Gestalten sind nicht von
einander kopiert, nicht einander nachgeahmt, vielmehr
wie drei Tropfen einer Flüssigkeit. Keinesfalls kann
der Meister X, als er vor 1503 für das Gebetbuch
zeichnete, Dürers von 1504 datierten Holzschnitt ge-
kannt haben. Dürer aber wird sich schwerlich, als
er die nebensächliche Randdekoration des Marienleben-
Blattes unbedenklich entwarf, aus dem Büchlein des
Doppelgängers inspiriert haben.

Das Gebetbuch, das Wölfflin dem Meister X zutraut,
ist nicht irgendein Gebetbuch, sondern ein historisch
bedeutendes Werk, das erste seiner Gattung, Wurzel
und Vorbild für Arbeiten der folgenden Generation,
eine Quelle, aus der Springinklee und E. Schön (auch
wohl der Augsburger Weiditz) schöpften. Springinklee,
dessen nachahmende Tätigkeit um 1515 einsetzt, ist
bekanntlich ein treuer Sklave Dürers. Seine Gebet-
buchjllustration aber sollte auf den Meister X zurück-
gehen? Wieder finden wir auf dem Platz, wo wir
Dürern zu erwarten haben, den »Doppelgänger«.

Der Herausgeber selbst, nämlich C. Dodgson, hat,

wie Wölfflin betont, die Gebetbuchblätter für »un-
dürerisch« erklärt. Da unser Fachgenosse jenseits des
Kanals in diesen Dingen erhebliche Autorität bean-
spruchen darf, erfreut sich Wölfflin eines starken
Parteigängers. Oder erfreute sich. In einem der
letzten Hefle des Burlington Magazines publiziert
Dodgson eine neue Zeichnung aus der Brigittenfolge
und kommt auf unsere Frage zu sprechen. Er schließt
mit der ihm eigenen ehrlichen Sachlichkeit folgender-
maßen (Februar 1918, S. 51):

»In Dürers circle, at any rate, these drawings must
have originated very early in the i6th Century, and
for want of any convincing proof that they are by
any of the artists whom we know, a personality has
been constructed, known variously as the Benedikt-
meister or the Brigittenmeister (from the Revelations
of the Bridget, 1500), to whom these and certain other
drawings, a large number of woodcuts, and some pic-
tures, including the Seven Sorows of Mary at Dresden,
are attributed. A reaction has set in. The Dresden
cycle has been reclaimed for Dürer by Dr. Pauli. I
have heard that one of the most eminent authorities
at Berlin believes that the lengthy series of small
woodcuts which I ascribed to the Benedict-Master in
ihe eleventh publication of the Graphische Gesellschaft,
is really by Dürer. Perhaps when the dust of controversy
has settled and we look at the outstanding works of the
group whith clearer eyes, undistracted by attributions of
now discarded rubbish, we may all recant our doubts,
and agree that the mlssing name is "Dürer" öfter all.«

GALERIEFREUNDE

Von verschiedenen Seiten sind neuerdings in ihren
Zielen gleichlaufende Versuche unternommen worden,
Organisationen ins Leben zu rufen, die der modernen
Kunst in größerem Umfange, als es bisher möglich war,
Eingang in die öffentlichen Galerien schaffen sollen.
Zuerst war es ein Frauenbund, der es in seiner Werbe-
schrift als eines seiner Ziele erklärte, Werke junger
Künstler zu kaufen und deutschen Museen zur Ver-
fügung zu stellen. Man lächelte wohl damals über
die etwas weltfremden Pläne, und man hat auch bis-
her noch nichts davon gehört, daß sie zur Ausführung
gebracht worden seien. Dafür haben sich aber an

anderen Stellen jetzt Vereinigungen zusammenge-
schlossen, die die gleiche Absicht verfolgen, nur daß
sie ihre Ziele konkreter formulierten.

In Dresden hat sich, wie hier berichtet, ein
Bund der Galeriefreunde konstituiert, der aus
eigenen Mitteln Werke junger Künstler zu erwerben
beabsichtigt, um sie dem Museum der Stadt zur Ver-
fügung zu stellen. Diesem soll das Recht bleiben, nach
Ablauf von zehn Jahren die endgültige Entscheidung
zu treffen, ob es das Geschenk annehmen und das
Werk seinem regelrechten Besitzstand einverleiben,
oder es dem Vereine zurückgeben will. Ein auf ähn-
 
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