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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Kölnische Kunstsorgen
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Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0262

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499

Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften

500

Malerei aufs neue wiedergewonnen würde. Er hat
Gemälde erworben, wie die außerordentliche Alpen-
landschaft Kokoschkas, die im Jahre 1912 die viel-
berufene Kölner Sonderbundausstellung schmückte,
aber es war ihm nicht mehr gegeben, einen Saal der
neuen Kunst zu gestalten, wie er heute dank den Stif-
tungen des Freiherrn von der Heydt dem Museum in
Elberfeld besondere Anziehungskraft verleiht, für das
z. Z. noch geschlossene Museum in Essen geplant ist
und, wenn nicht alles täuscht, auch in Düsseldorf
Gestalt gewinnen wird. Für Köln tut ein Mann not,
der unähnlich seinen einseitiger veranlagten Vorgängern
Aldenhoven und Hagelstange sowohl auf dem Gebiete
der alten Kunst, der eigentlichen Domäne der kunst-
reichsten Stadt der Rheinprovinz, seinen Mann steht, ein
Kenner im weitesten Sinne und ein Führer, als auch auf
dem umstrittenen Gebiete der modernen Malerei. Keine
kritiklose Förderung der jeweils neuesten Richtung sei
hier empfohlen, sondern eine weise und gleichzeitig ent-
schlossene Kunstpolitik, wie sie heute so vielen unserer

ältesten Kunstmuseen dank der vorbildlichen Taktik
ihrer Leiter zuteil geworden ist.

Erwähnt sei schließlich noch, daß das Wallraf-
Richartz-Museum noch heute einen wissenschaftlich
durchgearbeiteten Katalog seiner einzig dastehenden
Galerie entbehrt. Hier steht es fraglos hinter kleineren
Provinzialsammlungen zurück.

Auch das städtische Kunstgewerbemuseum, das
unter O. v. Falke und M. Creutz eine viel folgerichtigere
Kunstpolitik, besonders bei den Neuerwerbungen, ein-
geschlagen hat, als das Nachbarinstitut, wird einen
neuen Direktor erhalten.

Man möchte den Kölner Stadtvätern wünschen, daß
sie bei der Wahl der neuen Museumsleiter sich nur
durch rein sachliche Erwägungen leiten lassen möchten,
zum Heile der den zukünftigen Direktoren anzuver-
trauenden Kunstschätze, die für Experimente wahrlich
zu wertvoll sind, zum Besten auch der gesamten Kultur
eines der gesegnetsten deutschen Landstriche.

MITTEILUNGEN AUS
AUSLÄNDISCHEN KUNSTZEITSCHRIFTEN*)

Die Ikonenmalerei Rußlands behandelt Reau in
»L'Art et les Artistes«. In der russischen Malerei unter-
scheidet man zwei ganz verschiedene Perioden: die
Ikonenmalerei (ikonopis), die im 11. Jahrhundert an-
fängt und bis zur Zeit Peters des Großen vorherrscht,
und die Malerei nach dem lebenden Modell (jivopis),
die sich erst am Ende des 17. Jahrhunderts zum ersten
Male in Rußland zeigt. Unter Ikonenmalerei muß
sowohl die Wandmalerei wie die Tafelmalerei ver-
standen werden. Ihrer Herkunft nach ist sie byzan-
tinisch; die Darstellungen sind alle dem Gottesdienst
entnommen; sie kennt nur die Tempera-Technik, Öl-
farbe ist ihr unbekannt und sie erneuert sich niemals
durch direkte Studien nach der Natur. Öfters wird
behauptet, daß es nichts Langweiligeres gibt als die
russische Ikonenmalerei. Dieses Urteil erachtet der
Verfasser als ungerecht. Man muß ja nicht nach den
Produkten der modernen Ikonenalteliers der Klöster
urteilen, ebensowenig wie man über japanische Kunst
mitreden kann, solange man nur das kennt, was die
Warenhäuser der Großstädte davon bieten. Längere
Zeit ist die russische Ikonenmalerei kaum zugänglich
gewesen. Der schlechte Erhaltungszustand machte
ernsthafte Studien fast unmöglich. Viele Wandmalereien
waren ganz verborgen unter Kalkschichten, andere
verdorben von Restauratoren. Von den Ikonen konnte
man oft nur das Gesicht und die Hände sehen, das
übrige war von Kleidern aus Edelmetall bedeckt.
Wenn man aber alle diese Zeichen der Verehrung
fortgenommen hatte, sah man gewöhnlich immer noch
sehr wenig, da sie von einer dicken Firnisschicht und
von Übermalungen bedeckt waren. Die Revolution
von 1905 hat Änderung in diesen Zustand gebracht;
denn damals wurde es allen Gläubigen (Staroobriadtsi)
erlaubt, wieder ihren Gottesdienst abzuhalten. Ihre

*) Schluß des Berichtes in Nr. 37.

alten Kirchen wurden wieder geöffnet und neue ge-
baut. Um diese zu schmücken, kauften ihre Stifter
viele große Ikonen aus der Novgorodschen Zeit,
welche bisher nie Sammler gefunden hatten. Man
ließ die Übermalungen fortnehmen und entdeckte ihre
wirkliche Schönheit. Auch die reichen Kaufleute von
Moskau mußten alsbald alle eine Ikonensammlung
haben. Die schönste hat Ostrooukhov zusammenge-
bracht, weil er nur auf den Kunstwert achtete. Die
Museen schlössen sich der Bewegung an. Das Museum
Alexander III. in Petersburg kaufte die schöne Samm-
lung Likhatchev; Moskau hat außer der Sammlung
Ostrooukhov die Galerie Tretiakov, Novgorod das
Eparchiale Museum, Kiew die Sammlung Khanenko
und Smolensk die Galerie der Prinzessin Tenichev;
dort kann man die altrussische Ikonenmalerei be-
wundern, von der 1913 in Moskau eine Aussellung
abgehalten wurde, wo sie dem großen Publikum eigent-
lich zum ersten Male gezeigt worden ist. Die ersten
Bearbeiter der russischen Kunst, wie z. B. Rovinski,
haben die Werke der großen Periode nicht gekannt
und deshalb die Ikonen nur vom ikonographischen
Standpunkt aus betrachtet. Erst die Bücher von Kondakov
und von Likhatchev, die Untersuchungen von Professor
Ainalov und seinen Schülern über die Fresken von
Novgorod, die Veröffentlichungen von Georgiewski
und von Mouratov haben neues Licht auf die Ikonen
geworfen und ihren künstlerischen Wert aufgezeigt.

Die Ikone, als Tafelbild, hat sich später ent-
wickelt als die Wandmalerei und erst recht nach der
Entstehung der Ikonostase. Diese hohe geschmückte
Scheidewand mit ihren verschiedenen Etagen von ge-
malten Figuren, die zu den Hauptbestandteilen der
orthodoxen Kirchen zu gehören scheint, kommt erst
am Ende des 14. Jahrhunderts vor. Ursprünglich war
zwischen dem Sanktuarium und der übrigen Kirche
 
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