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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 2.1886

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Lessing, Julius: Italienische Rahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4121#0008
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Italienische R a h m e n.

von Iulius Lessiug.

Mit Illustrationen.

Die Rahmen, welche in diesem Heste ab-
gebildet sind, gehören sämtlich zu der Samm-
lung italienischer Holzarbciten, welche das Königl.
Kunstgewerbemuseum durch Ankäufe vornehmlich
in Florenz in den letzten Jahren ganz besonders
erweitert hat. Von allen Holzarbeiten der Re-
naissance sind die Rahmen diejenigen, welche auf
dem kleinsten Raume die grvßte Fülle reizvoller
Abwechslung bieten, und während es schwer, ja
sast unmöglich wird, größere Möbel der italie-
nischen Renaiffence in entsprechender Mannig-
faltigkeit herbeizuschaffen, ist es möglich gewesen,
eine wahre Musterkarte der zierlichsten Profile,
Ecklösungen, Bekrönungen und sonstiger ornamen-
taler Ausbildung auf dem Gebiete der Rahmen
zusamnienzustellen, so daß dieseSammlung keines-
wegs nur für den Rahmenfabrikanten, sondern
für alle Zweige der Kunsttischlerei ihre hohe
Bedeutung hat.

Jn der Gestaltung des Rahmens für das
Bild und für deu Spiegel hat die Kunst der
italienischen Renaissance die anmutigsten Blüten
getrieben. Das in Ölmalerei ausgeführte Tafel-
bild war erst in der Periode der Renaissance zur
Entsaltung gelangt und auch der Glasspiegel
gehört dieser Zeit an; sür beide neuen Schöpfun-
gen mußte die ornamentale Kunst den besonderen
Abschluß erfinden und für beide Gebilde gab sie
aus ihren Schätzen mit überreichen Händen das
Edelste und Beste.

Die Malerei der gotischen Kunst, von wesent-
licher monumentaler Ausbildung, haftet an der
Fläche des Bauwerkes und fordert den Rahmen
nicht. Das Bild muß sich erst loslösen von der
Kunstgewerbeblatt. 11.

Wand, nmß ein Einzelleben beginnen, UIN eines
besvnderen Abschlusses zu bedürfen.

Dieser Vorgang vollzieht sich in der italie-
nischen Kunst zunächst am Altarbilde. Die ältesten
auf Holz gemalten Tafelbilder, welche für den
Schmuck des AltareS bestimmt sind, erinnern
noch im wesentlichen an gotische Architektur. Ein
hohes Gerüst von Pfeilern und Spitzbogen ist
ausgebaut, nicht unähnlich einer reichen, mit
Spitzen und Fialen gekrönten Fensterwand. Wie
in eine solche die gemalten Scheiben, so sind hier
in die Flächen Bilder eingelaffen, zumeist Einzel-
figuren von Heiligen oder einzelne Vorgänge
einer Legende. Jn Venedig, wo sich die gotischen
Schmuckformen erheblich länger als im übrigen
Jtnlien erhalten haben, sind derartige Altarwerke
noch in großer Zahl zu finden.

An die Stelle dieses Neben- und Über-
einander von Bildern setzt auch die Renaissance
nicht sofort das Einzelbild. Auch sie hält es in
vielen Fällen noch für nvtig, das grvße Haupt-
bild durch kleinere Nebenbildcr zn begleiten,
welche den Vorgaug erläutern oder in seinen
religiösen Beziehungen weiter ausspinnen. Das
Hauptbild wird aufgebaut wie ein Tabernakel,
in den Formen der wiedergewonnenen antiken
Baukunst. An deu Seiten stehen Pilaster slach
oder auch säulenartig ausgebildet; oben ruht das
ausladende, völlig in Architekturformen geglie-
derte Hauptgesims, als unterer Abschluß dient
ein Svckel. Jn diesen Sockel, der als Predelle
bezeichnet wird, sind dann gewöhnlich kleincre
Bilder eingelassen. Die bekannten drei kleinen
Rnndbilder Raffaels, „Glaube, Liebe, Hvff-

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