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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Brinckmann, Justus: Aus dem Museum für Kunst und Gewerbe zu Hamburg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0013

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AUS DEM MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE

ZU HAMBURG.

VON JUS 1 US BRINCKMANN.
MIT ABBILDUNGEN.

III.- Japanische Ziermotive an europäischen Töpferarbeiten des 18. Jahrhunderts.

llERMOTIVE DER ostasiatischen
Kunst haben aller Wahrscheinlich-
keit nach schon im Mittelalter die
Zierkunst des Abendlandes beein-
flusst. Seit vier Jahrhunderten zieht
ein ununterbrochener und je mehr
Wir uns der Gegenwart nähern desto wirksamerer
Strom dekorativer und ornamentaler Anregung aus
den Kulturländern an den westlichen Gestaden des
Grossen Ozeans gen Westen. Angefangen von den
Versuchen, das leichte, grossblumige Rankenwerk
chinesischer Porzellane in den Blaumalereien italie-
nischer Majoliken nachzuahmen, lassen sich die Ab-
lagerungen, welche jener Strom hinterlassen hat, am
deutlichsten an den Erzeugnissen der Töpferkunst
verfolgen. Besteht im allgemeinen kein Zweifel
darüber, wo wir an den kunstgewerblichen Erzeug-
nissen des Abendlandes solche Ablagerungen anzu-
sprechen haben, so herrschen doch viele Unklar-
heiten über den Zusammenhang im besonderen Falle,
besonders dann, wenn die Europäer ein fremdes Zier-
niotiv, weil sie seine ursprüngliche Bedeutung nicht
verstanden, nur äusserlich oder bruchstückweise an-
wandten , oder ihm gar einen völlig neuen Sinn
unterlegten. Einige Beispiele solcher Um- und Neu-
gestaltung altjapanischer Motive an europäischen
Fayencen und Porzellanen sollen hier an der Hand
von Belegstücken der hamburgischen Sammlung mit-
geteilt werden, um zu zeigen, wie auf diesem Gebiete
noch manche Forschungen möglich und nötig sind,
um zum vollen Verständnis des Motivenschatzes
unserer Zierkunst zu gelangen.

Zunächst ein Beispiel, welches zeigen mag, wie
ein bestimmtes bedeutungsvolles Motiv der Japaner
seiner Bedeutung sich entkleidet und schliesslich zu
einer Abart eines europäischen Motives sich gestaltet
hat, mit welchem es im Grunde nicht verwandt ist.
Bekannt sind die häufig vorkommenden derb deko-
rativen Fayencen von Rouen mit dem in bunten
Scharffeuerfarben ausgeführten Füllhornmuster. Dieses
Muster, „ä la corne", kommt in mehrfachen Spiel-
arten vor, von denen als die älteste, die als gestutztes
Füllhorn, „ä la corne tronquee", bezeichnete aner-
kannt wird. Dies gestutzte Füllhorn bestellt aus einer
flachen, kantig gebrochenen, unten abgestutzten Düte,
aus welcher ein Blumenzweig hervorwächst. Es findet
sich schon früh, bald nachdem die Fayencen von
Rouen etwa um 1725 in den strahligen Rosetten-
und Behangmustern ihre höchste Entfaltung erreicht
hatten. Ihm folgt dann das einfache Füllhorn, wel-
ches durch seine kantige Form seinen Ursprung aus
dem gestutzten Füllhorn verrät und zur Füllung
grösserer und besonders in die Breite gezogener Flä-
chen mit einem zweiten, kleineren so verbunden
wird, dass letzteres in dem unteren umgerollten Ende
des ersteren wurzelt und aus den Mündungen beider
blühende Zweige über die Fläche auswachsen. Mit
dem europäischen, der antiken Kunst entlehnten,
fruchtgefüllten Hörn der Ziege Amalthea als Sym-
bol der Lebensfülle hat dieses Rouener Füllhorn
nichts gemein. Seine ursprüngliche Form verrät
seinen Ursprung aus den kleinen, aus buntem Papier
gefalteten Düten, den Noshi, welche als Hülle eines
kleinen bandförmigen Streifens von Awabi, dem o-e-
 
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