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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Diner, Joseph: Ungarische Fayencen und Töpferwaren, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0033

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UNGARISCHE FAYENCEN UND TÖPFERWAREN.

VON JOSEPH DIN Eli.
MIT ABBILDUNGEN.

UF dem modernen Kunstindustrie-
markte spielen die ungarischen
Fayencen undMajoliken eine ziem-
lich bedeutende Rolle. Die welt-
bekannten Fabriken von Fischer
in Budapest und Zsolnay in Fünf-
kirchen stehen künstlerisch sehr hoch und verdienen
die grösste Beachtung. Bevor ich jedoch über die
künstlerische Seite der modernen ungarischen Fayence
spreche, möchte ich einen kurzen Abriss der älteren
ungarischen Fayenceindustrie geben.

Noch bis in die allerjüngste Zeit hinein war die
Geschichte der ungarischen Fayence bloss ein Feld
der vagsten Vermutungen. So wie ausserhalb
Ungarns alle von daher stammenden älteren Fayence-
arbeiten nur in zwei Klassen geteilt werden — die
besseren und feineren Arbeiten werden der Holitscher
Fabrik zugeschrieben, während die gewöhnlicheren
Arbeiten rundweg „Bauernmajolika" genannt werden
— so geschah es auch in Ungarn selbst. Wohl
sprach die Tradition noch von einer ganzen Reihe
anderer Fabriken. Aber die verschiedenen städtischen
Zunftarchive blieben undurchforscht, die vorkommen-
den Marken blieben rätselhaft und die blosse Tra-
dition gab nun Anlass zu mehr oder minder logischen,
aber stets vagen Vermutungen und Disputationen.

Erst in den letzten zwei oder drei Jahren ist es
auf diesem Gebiete etwas lichter geworden durch
die Forschungen des Herrn Ludwig Petrik, Pro-
fessors an der staatlichen Gewerbeschule in Budapest,
sowie des Herrn Johann Pap, der manch Interessan-
tes über die volkstümliche Töpferindustrie in Ungarn
mitgeteilt hat.

Kunstgewerbeblatt. N. F. II.

Die ältesten ungarischen Fayencenerzeugnisse
datiren bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts zu-
rück. Doch ist diese ältere Industrie keineswegs
nur Hausindustrie und ihre Erzeugnisse gehören
der sogenannten „Bauernwäre" zu. Feinere so-
genannte „Kunstfayence" wird in Ungarn erst seit
Errichtung der Holitscher Fabrik in der Mitte des
vorigen Jahrhunderts erzeugt.

Die ungarischen Fayencefabriken erzeugten in
der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und
im Anfange dieses Jahrhunderts sehr feine und
schöne Ware, die in jeder Beziehung den Vergleich
mit den westeuropäischen Fabrikaten aushält, aber
die gesamte Fabrikation hat einen Grundfehler. Sie
ist sowohl technisch als künsterisch unselbständio-
und lehnt sich durchaus ohne Wahl und Ziel an die
westeuropäischen Vorbilder an. Die „Bauernware"
hingegen zeigt eine durchaus beachtenswerte Origi-
nalität, und speziell die Farbenornamention verrät
viel künstlerischen Geschmack. Deshalb lasse ich
derselben auch hier den Vortritt.

Zu den ältesten ungarischen Thonarbeiten o-e.
hören die Ofenkacheln. Die Erzeugungstätten der-
selben lagen teils in Vorderungarn, teils in Sieben-
bürgen. Die nordungarischen Kacheln aus dem
16. und 17. Jahrhundert, von denen das Kaschauer
Museum einige hübsche Exemplare besitzt, sind fast
durchwegs einfarbig mit einer grünen Blei«\lasnr
überzogen. Ihre erhaben gearbeiteten Ornamente
ähneln den gleichzeitigen deutschen Arbeiten. Wo
Personen dargestellt sind, tragen dieselben deutsches
Kostüm, und nur hier und da finden wir in der
Ornamentation eine Beimengung rein ungarischer

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