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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Czihak, Eugen von: Die schlesische Glasindustrie früherer Zeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0067

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DIE SCHLESISCHE GLASINDUSTRIE FRÜHERER ZEITEN.

VON E. VON CZIHAK.

MIT ABBILDUNGEN.

I.

EHRFACH schon ist von Schrift-
stellern, welche sich mit kunst-
gewerblichen Untersuchungen
über das Glas und seine Ge-
schichte bef'asst haben, die An-

_______sieht geäußert worden, dass

über diesen Gegenstand noch eine große Reihe von
Studien nötig seien.') Insbesondere ist der Wunsch
laut geworden, dass über die schlesische Glas-
industrie vergangener Jahrhunderte Forschungen
augestellt werden möchten. Namentlich Friedrich
hat in seinen „Altdeutschen Gläsern", gestützt auf
einige Stellen in des /. Matthesius Predigt über
das Glasmachen2) die Vermutung ausgesprochen,
dass Schlesien eine nicht unbedeutende Rolle inner-
halb der deutschen Glasmacherkunst gespielt habe
und dass insbesondere gewisse Verzierungsarten der
Hohlgläser im IG. Jahrhundert diesem Nebenlande
der Krone Böhmen eigentümlich gewesen seien oder
doch von dort ihren Ursprung genommen haben.3)

Da das böhmische Erzgebirge, in welchem
Matthesius lebte, räumlich nicht allzuweit von der
schlesischen Gebirgsgrenze entfernt ist und der Ver-
kehr der wandernden Glasmachergeselleu vom Erz-
gebirge nach den nordböhmischen, Schlesien benach-
barten Glasdistrikten ein lebhafter war, so dürfen wir

1) Essenwein im Anz. d. Germ. Mus. 1879. Sp. 33.

2) Johann MaMhesim, SareptaoderBergpostill sanipt der
Jochimsthalischen kurtzen Chroniken Johann Matthesy. Psalm
CXLVIII. Berg und Thal lobet den Herrn. Nürnberg 1502.
In neuerer Zeit mehrfach wieder abgedruckt, z. B. in den
Mitteilungen des Nordböhmischen Gewerbemuseums. Reichen-
berg. Märznummer 1889 ff.

3) C. Friedrich, Die altdeutschen Gläser. Nürnberg
1884. S. 28, 34, 167.

Kunstgewerbeblatt. N. F. 11.

den Angaben des bergkundigen Joachimsthalschen Pre-
digers immerhin einiges Vertrauen entgegenbringen,
wenn gleich solche enge Beziehungen zwischen dem
schlesischen Gebirge und dem böhmischen und sächsi-
schen Erzgebirge, wie sie Friedrich vorauszusetzen
scheint, nicht nachzuweisen sind und wohl auch
niemals geherrscht haben.

Im ganzen bewegte sich die Glasindustrie in
Schlesien, wenigstens bis zum Beginn der preußischen
Herrschaft, in einem der böhmischen parallelen Ent-
wickelungsgange, was bei der benachbarten La^e
der beiderseitigen Sitze der Glasfabrikation, dem be-
ständigen Austausch von Hüttenmeistern, Gesellen
und Handwerkserfahrungen nicht wunder nehmen
kann. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts ab nahm
die böhmische Glasindustrie infolge der staunens-
werten und vorzüglichen Organisation des Glashandels
welcher durch die Regierung in jeder Weise gefördert
wurde, einen ungeheuren Aufschwung und entwickelte
sich zu einer Weltindustrie, während das nunmehr
isolirte Schlesien, das von seinen bisherigen Verbin-
dungen abgeschnitten war, zurückblieb und diesen
Vorsprung nie wieder eingeholt hat. Wenn schon
die Güte des Materials und die Fabrikate jedenfalls
auch später nicht hinter den böhmischen zurück-
standen, so haben sie sich doch nie im Auslande
einen Namen zu erwerben gewusst. Teils war an
diesem Umstände der mangelnde Unternehmuno-so-eist
der Bewohner des Landes, teils aber auch die Handels-
politik Friedrichs 11. schuld, welcher nicht nur die
Einfuhr des böhmischen Glases untersagte, sondern
auch dem schlesischen Glase den Eintritt in die
älteren preußischen Provinzen verweigerte und seinen
Verbrauch auf die heimische Provinz beschränkte.


 
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