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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

DOI Artikel:
Jessen, Peter: Das Stickmusterbuch des Andreas Bretschneider
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0110

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Aus dem Stickmustertmch des Andreas Bretschneider.

DAS STICKMUSTERBUCH
DES ANDREAS BRETSCHNEIDER.

VON P. JESSEN.
MIT ABBILDUNGEN.

I ER Ornamentstichsamirilung des
königl. Kunstgewerbemuseums zu
Berlin ist durch Fräulein P. JBessert-
Mttelbeck und Herrn R. Thiele, Mit-
gliedern des Vereins für deutsches
Kunstgewerbe in Berlin, ein her-
vorragendes deutsches Stickmusterbuch geschenkt
worden, dessen reicher Inhalt bislang gänzlich un-
bekannt geblieben war. Das Buch ist im Februar
dieses Jahres- auf der Versteigerung der Sammlung
Berard in Paris erworben worden und enthält
45 Blatt in Radirung oder Holzschnitt; Titel, Vor-
wort und ein Widmungsblatt, welche diesem Exem-
plare fehlten, haben nach dem einzigen bis dahin
bekannten Exemplare (erwähnt bei Palliser, 3. Aufl.,
S. 438) aus der ständischen Landesbibliothek zu
Kassel mit gütiger Bewilligung der Direktion
photographisch ergänzt werden können.

Das radirte Titelblatt trägt die Inschrift: New
Modelbuch Darinnen allerley Künstliche Viesirung
und Muster artiger Zuege Und Schöner Blummen
zu zierlichen überschlagen, Haupt: Schurtz: Schnup-
tüchern, Hauben, Handschuhen, Wehrengehengen,
Kampfuttern Und dergleichen, auff Mahler nahtt
Und Seidenstücker arbeit gantz Künstlich gemahlet
Und Vorgerissen Dergleichen hiebevorn noch Nie
in Druck außgangen. Leipzigt 1619. Inn Verlegung
Henning Grossens Des Jüngern.

Unten am Rande findet sich die Bezeichnung:
Andreas Bretschneider Mahller, welche ebenso auf
einem der radirten Blätter wiederkehrt. In der ge-

Kunstgewerbeblatt N. F. II.

druckten zweiseitigen Vorrede widmet der Verleger
Henning Groß sein Werk der „Edlen und Adelichen
Tugendreichen Frawen Catharina von Dorstats, geboh-
renen Löserin" und erzählt seiner Patronin, dass er
vor „ungefehr zehen Jahren ein geringes Modelbüch-
lein in Druck verfertiget" habe, welches vergriffen und
daher jetzt „auffs new mit vielen, schönen, zierlichen,
unnd kunstreichen newen Modeln" vermehrt worden
sei. Ein Widmungsblatt mit dem Wappen der Frau
von Dorstat geht den übrigen Blättern voraus.

Von den Musterblättern, 45 an der Zahl, sind
29 in eleganter Radirung, 16 in unbeholfenem Holz-
schnitt ausgeführt. Doch ist der Formenkreis dieser
beiden Gruppen so nahe verwandt, dass ihre Erfin-
dung nur von derselben Hand herrühren kann, und
zwar von einem ganz eigenartigen nnd selbständigen
Talent. Schon die Gattung der Muster weicht von
allen bekannten Werken ab: kein Kreuzstichmuster,
kein Spitzenmotiv, wie sie seit Sibmacher in den
deutschen Modelbüchern herrschen, sondern aus-
schließlich Umrisszeichnungen als Vorbilder für den
Linienstich oder Plattstich, damals für aufgenähte
Goldfädenarbeit und für die Seidenstickerei verwend-
bar, heutzutage für das verschiedenste Material un-
mittelbar geeignet. Ihr Erfinder steht ganz abseits
von der gewöhnlichen Musterfabrikation jener Ta^e.

Was er verzieren will, hat er zum Teil schon
auf dem Titel hergezählt. Tücher verschiedener Art
mit ihren Borten und Ecken, „Ueberschläge" für
Kragen und Ärmel, Handschuhe, Wehrgehäno-e,
Hauben und Schlafhauben, auch „Kambtfutter", das

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