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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Kisa, Anton Carel: Aus dem Schlosse zu Detmold
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Bücherschau / Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0122

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BÜCHERSCHAU.

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deutsche Arbeiten des 16. Jahrhunderts, beide in
cylindrischer Humpenform ohne Deckel, 31' cm.
hoch, mit figürlichem Dekor. Der eine zeigt sechs
Figuren von Hochzeitstänzern und Musikanten in
den reichen Kostümen der Zeit, in welcher der
„ Hosenteufel" zu spuken begann; darüber ein Band
von aufgelegtem Blattgolde mit Schuppenornament
und weißemaillirten Perlenreihen, darunter ein Fries
von Laubwerk und vierblättrigen Rosen. Die Farben
sind frisch, die Zeichnung lebendig und ziemlich
richtig, im Charakter den Kleinmeistern entsprechend.

-Der andere Humpen zeigt das auch auf Thon- und
Zinngefäßen dieser Zeit sehr beliebte Motiv der
Lebensalter, beginnend vom zehnten Jahre und schlie-
ßend mit dem hundertsten. Farbe und Zeichnung

o

tragen denselben Typus, wie beim vorigen Stücke.
Zwischen beiden Humpen ist eins von zwei gleich-
artigen Flügclgtäsern abgebildet, deutschen (Köl-
ner?) Nachbildungen venezianischer Muster aus dem
17. Jahrhundert. Die Höhe beider Gläser beträgt
27 cm. Die Gravirung zeigt eine Hirschjagd, um-
rahmt von naturalistischen Pfianzenmotiven.

BÜCHERSCHAU.

E. Kiimsch, Leinendamastmuster des 17. und 18. Jahr-
hunderts. 25 Tafeln Lichtdruck mit 148 Mustern,
ausgeführt von Stengel & Markert. Dresden 1890.
Preis M. 40.

Von der bekannten Kunstanstalt für Lichtdruck
und Verlagsbuchhandlung von Stengel & Markert
werden seit einer Reihe von Jahren die Schätze der
Textilabteilung aus dem Königlichen Kunstgewerbe-
museum zu Dresden veröffentlicht.

Es erschienen bisher, herausgegeben von dem
Vorstände dieser Abteilung dem Bibliothekar E.
Kumsch und ausgewählt unter Mitwirkung der Fach-
lehrer für Musterzeichnen an der Kunstgewerbe-
schule zu Dresden, der Professoren Eckert und Rade,
3 Serien. Neuerdings erschien eine neue Abteilung:
Leinendamastmuster, worin zum erstenmal Material
veröffentlicht wird, das durch seine Einfarbigkeit der
photographischen Wiedergabe erhebliche Schwierig-
keiten entgegensetzt hat. Schon bei den Stoffmustern
war dies teilweise der Fall und kann dieser Ubel-
stand nur dadurch gehoben werden, dass die Platten,
wo nötig, von Musterzeichnern vom Fach retuschirt
wurden. Das neue Werk bietet zum Teil ganz
eigenartige, bisher noch unbekannte Musterungen,
namentlich aber, was vielen Zeichnern von großem
Werte sein wird, eine reiche Auswahl von Bordüren
und Ecklösungen. Die Tafeln geben Muster von
Leinendamasten, welche größtenteils aus alten Dres-
dener Familien stammen, und sonach nicht in die
Hände von Antiquaren gekommen sind. Im all-
gemeinen werden die Originale also als sächsisches
Fabrikat gelten können, da ja in der sächsischen

Lausitz schon seit sehr früher Zeit Leinenweberei
betrieben wurde.

Infolge wiederholter Überschwemmungen wan-
derten bereits im Jahre 1250 Tuchmacher und Leinen-
wreber aus Flamand in Sachsen, Brandenburg und
Schlesien ein. In Zittauer Urkunden werden 1390
Leinenweber erwähnt. In Groß-Schönau, das noch
heute den Mittelpunkt für die Damastweberei der
sächsischen Lausitz bildet, wurde nach der Chronik
des Ortes bereits im 16. Jahrhundert ebenfalls Leinen-
weberei betrieben. „Seit der Regierung Churfürst
Johann Georg IL (1656—1680) hat sich allda die
gezogene (das bedeutet Muster-) Weberei dergestalt
fortgepflanzt, dass selbige verdient, beschrieben zu
werden." 1725 schreibt der Rat von Zittau (Groß-
Schönau gehörte der Stadt Zittau) an den Oberamts-
hauptmann zu Budissin (Bautzen), dass „Anno 1666
als eine noch nie im Lande gewesene Fabric durch
2 Zwillichtweber, die Gebrüder Lange, die Nieder-
ländischeDamast-Würckerey glücklich hereingebracht
und in Groß-Schönau etablirt worden sei." (Zimmer-
mann, Geschichte des schlesischen Leinengewerbes.)
Diese Kunst wurde wiederholt durch Gesetze vor
Weiterverbreitung geschützt, außerdem erhielten die
Weber noch verschiedene Privilegien. Durch Ver-
treibung der Hugenotten (1684), unter denen sich
eine große Auzahl geschickter Leinenweber befand
trat im Bezüge der Leinenwaren insofern ein voll-
ständiger Umschlag ein, als Italien, England und
Spanien ihren Bedarf nicht mehr in Frankreich
decken konnten, sondern auf die Zittauer Industrie
angewiesen waren. Außer Zittau und Groß-Schönau

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