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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Schricker, August: Strassburger Fayence und Porzellan und die Familie Hannong: 1710-1780
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0140

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KLEINE MITTEILUNGEN.

Alles war in den Wind gesprochen. Die Ferme
blieb bei ihrem Tarif, und eine große blühende In-
dustrie, die sich eben wieder von dem Schlage von
1754 erholt hat, war ruinirt. Damals hatte man
dem Paul Anton Hannong die Ofen zu löschen be-
fohlen, weil das Elsass nicht eine province etrangere
effectiv, sondern nur reputee etrangere sei —
zwanzig Jahre später wendet man auf die Waren
seines Sohnes elfmal höhere Zollsätze an, als sie
vom Zoll-Ausland — etrangere effectiv — zu zahlen
gewesen wären. — Josef Adam kämpfte noch einige
Jahre; aber die Geschichte einer edlen, großen, künst-
lerischen Industrie ist hier an ihrem Ende.

Was noch weiter folgt: Wie Hannong, um weiter
arbeiten zu können, und immer in der Hoffnung auf
Gerechtigkeit und eine Wendung zum Bessern von
dem Einnehmer des Bischofs Constantin Rohan große

Summen aufnimmt, wie nach dem Tode Constantins
1779 der Nachfolger Louis de Rohan ') ihn wie einen
Betrüger gefangen setzen lässt, wie er an den Hof
nach Paris geht, um die Verwendung der Königin
zu erflehen, wie er dann nach Deutschland flieht,
Verteidigungschriften verbreitet, wieder in Paris er-
scheint, und dann in München sich niederlässt, wo
er um 1800 noch lebt, immer mit Plänen zur Wieder-
aufnahme seiner Thätigkeit beschäftigt, — das alles
gehört nicht mehr in die Geschichte der Industrie,
sondern in diejenige der Familie. Den letzten des
Namens Hannong hat man im Dezember 1889 in
Hagenau begraben. Auch er beschäftigte sich noch
in seinen alten Tagen mit der Bemalung kleiner
Fayenceplättchen.

1) Bekannt aus der Halsbandgeschichte.

KLEINE MITTEILUNGEN.

P.— Für die Lehrmittel für den Zeichenunterricht,
welche Dr. Stuhlmann in Hamburg im Auftrag des preußi-
schen Ministeriums herausgieht, ist als viertes Heft der Leit-
faden für das„Zeichnon altdeutscher Kreuzstichmuster" in Aus-
sicht genommen. Als Nr. 5 ist dazu bereits ein Zeichenheft
erschienen und dem reiht sich nun unter dem Titel „Stick-
muster für Schule und Haus. Entworfen und mit einer
Einleitung zum Entwerfen versehen von Dr. A. Stuhlmann."
(Stuttgart und Berlin 1890, W. Speruann. G M.) eine Muster-
sammlung an, die auf 74 Tafeln 2G0 Muster für Leinen-
stickerei in Kreuzstich und Halbstich enthält. Sie will nach
dem Vorwort einen vierfachen Zweck erreichen: Unmittel-
bare Nachbildung; Umbildung der Muster für einen be-
stimmten Zweck; Entwerfen von Mustern; Darlegung des
Ganges im Unterricht', im Zeichnen und Verändern der
Muster. Zu unmittelbarer Nachbildung besitzen wir jetzt
eine solche Fülle mustergültiger Sammlungen, sowohl alter
als neu entworfener Muster, dass die vorliegende Samm-
lung überflüssig erscheinen könnte. Sie zeichnet sich jedoch
vor den übrigen modernen Entwürfen dadurch aus, dass sie
die Muster durch streng logische und konsequente Verwen-
dung bestimmter Motive gewinnt und dabei zu sehr hüb-
schen Resultaten kommt. Am deutlichsten sieht man dies
an dem Beispiel, durch welches die „Anleitung zum Ent-
werfen von Mustern" illustrirt wird: das einzige Motiv eines
kleinen, aus acht Kreuzstichen bestehenden Blattes führt
durch einfache Kontinuatlon zu 33 Mustern, die sogar noch
vermehrt werden könnten. Diese streng methodische An-
leitung ist vortrefflich geeignet, vorgerücktere Schülerinnen
zum Nachdenken zu veranlassen. Man findet in den Vor-
lagen fast keines der bekannten Muster mit Bäumchen,
Blumen, Figuren oder Versuche, Motive aus der belebten
Welt in den Kreuzstich zu übertragen, alle Muster sind rein
geometrisch und infolgedessen leicht und verständig zu er-
fassen. Ihre Aufgabe, als Lehrmittel beim Zeichenunterricht

zu dienen, werden sie daher gewiss so gut erfüllen wie als
Vorlagen für die häusliche Kunst.

Rd. In der Aprilsitzung der kunstgeschichtlichen Gesell-
schaft KU Berlin sprach Herr Lessing über den gegenwärtig
im König]. Kunstgewerbemuseum zu Berlin zur Ausstellung
gelangten „Croy-Teppich" im Besitze der Universität zu
Greifswald. Es ist ein Gobelin von ungefähr 7 m Länge
und 5 m Höhe, von nicht sehr hervorragendem Kunstwert,
der zudem in früheren Zeiten Beschädigung erlitten, — in-
dessen von außerordentlichem historischen Interesse. Der
Teppich wird in Greifswald nur alle zehn Jahre aufgestellt.
Die Gelegenheit dazu giebt das zum Gedächtnis des letzten
direkten Gliedes aus dem alten Herzoghause von Pommern,
der im Jahre 1660 verstorbenen Herzogin Anna von Croy,
gefeierte akademische Fest. Der Stifter dieses Festes war
Herzog Ernst Bogislav, welcher 1687, in Erinnerung daran,
dass er einst die Rektorwürde der pommerschen Hochschule
bekleidet hatte, der letzteren den Teppich mit anderen
Gegenständen aus dem Besitze der Pommernherzöge ver-
machte. Die Herstellung des Teppichs fällt wahrscheinlich
in das Jahr 1556. Der Gobelin zeigt uns in lebensgroßen
Figuren eine Darstellung, welche in einem bestimmten Zu-
sammenhang mit der Einführung der Reformation im heuti-
gen Preußen steht. Den Mittelpunkt des mit Inschriften
reich gezierten Teppichs bildet der auf einer Kanzel predi-
gende Luther. Die zu Füßen der Kanzel stehenden Zuhörer
teilen sich in zwei Gruppen: links steht die sächsische, rechts
die pommersche Herzogsfamilie. Die Namon der Dargestell-
ten sind eingewirkt. Eine derartige Porträtgalerie in Tep-
pichwirkerei war im 16. Jahrhundert keine Seltenheit, so
haben die Holzschuher ein ähnliches Werk herstellen lassen.
Erhalten aber ist einzig der Greifswalder Teppich. Außer
Luther gewahren wir noch in die Reihe des sächsischen
Hauses aufgenommen Philipp Melanchthon, auf der Seite der
pommerschen Herzöge Magister Johannes Bugenhagen.
 
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