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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Luthmer, Ferdinand: Elektrische Beleuchtungskörper
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Die Sammlung Vincent in Konstanz
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0161

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DIE SAMMLUNG VINCENT IN KONSTANZ.

hübschen Wandarrnen, allerdings fast durchweg in
der Form des alten Wirtshausschildträgers, unter
denen das an der alten Frankfurter Fassade an-

gebrachte von L. Ochs als fein durchgearbeitetes
Werk besonders hervorgehoben sei.

DIE SAMMLUNG VINCENT IN KONSTANZ.

IEDERUM wird in wenigen
Monaten eine Kunstsammlung
verschwunden sein, die vor
drei Menschenaltern zu Zeiten
entstanden ist, als die Liebe
zur Kunst bei den Sammlern
noch nicht im Geldbeutel, sondern im Herzen saß.
Begründet von einem Manne, der in Zeiten, wo die
Erwerbung von Kunstwerken noch leicht war, mit
seltenem Spürsinn während 50 Jahren gesammelt
hat: Johann Nikolaus Vincent (geb. 1785) erfuhr sie
nach dessen Tode (1865) keine nennenswerte Er-
weiterung — aber auch keine Einbuße. Das einzige,
was der Besitzer in früherer Zeit en bloc abgegeben
hat, waren die Waffen.

Das Gebiet, aus dem Vincent die Sammlung
herauszog, war hauptsächlich die Schweiz; und hier
sammelte er wiederum die ureigensten Schweizer Kunst-
werke: die Glasmalereien. Daneben zog er aber
auch alle anderen Gebiete der Künste in sein
Sammelbereich und es gelang ihm u. a. zu Ende
der dreißiger Jahre das gesamte Inventar des
bischöflichen Palastes in Meersburg zu erwerben.
Damit wurde der Sammlung die kostbare Kollektion
der Majoliken, die chinesischen und europäischen
Porzellane, Gläser und Ahnliches zugeführt.

So stand die Sammlung unberührt fast drei
Viertelhundert Jahre, bis sie nun erbteilungshalber
in alle Winde zerstreut werden wird.

Den Glanzpunkt der Sammlung und mehr als
die Hälfte des ganzen Bestandes bilden die Glas-
malereien — 550 Stück — eine Sammlung, wie sie
wohl nie ein Privatmann besessen, selbst die Zwier-
leinsche Sammlung in Geisenheim enthielt kaum die
Hälfte. Und hier sind es wieder die Schweizer
Scheiben, die überwiegen. Die schöne Sitte der
Fensterstiftung, über die uns H. Meyer so anziehend
berichtet hat, hatte in der Schweiz die Kunst
der Glasmalerei, speziell der Kabinettmalerei zu
großartiger und eigenartiger Entwickelung geführt.
Von dieser Entwickelung giebt nun die Vincentsche

Sammlung ein übersichtliches Bild, wie sie kein Mu-
seum zu bieten vermag. Es ist rein unbegreiflich,
dass die Schweiz, die doch sonst im Patriotismus
schwimmt, diese großartige Sammlung nicht für das
neu zu errichtende Nationalmuseum en bloc erwor-
ben hat. Eine solche Gelegenheit kehrt niemals
wieder, und wenn irgend eine spezifisch schweizeri-
sche Kunst in diesem neuen Museum würdig, voll-
ständig und übersichtlich vertreten sein muss, dann
ist es die Glasmalerei. Ein weiterer Wert der Samm-
lung beruht in den größeren Folgen von Scheiben,
die aus Klöstern und Stiftern gekommen sind, mit
zusammenhängenden Darstellungen: namentlich die
Gemälde der ehemaligen Cisterzienserinnenklöster
Daenikon im Kanton Thurgau und Magdenau im
Kanton St. Gallen. Daneben kommen dann die ein-
zelnen Scheiben mit Wappen, Darstellungen der
heiligen und Schweizer Geschichte, dem öffentlichen
und Privatleben kurz all die intimen und lebens-
vollen Darstellungen, welche die Schweizer Scheiben
in Sammlerkreisen so beliebt machen. Ausgezeichnet
sind fast alle Scheiben durch gute Erhaltung; wo
dies nieht der Fall, ist es genau im Katalog ver-
zeichnet; vor allem wichtig ist aber, dass nie ein
Restaurator die Scheiben berührt hat, dass sie völlig
intakt sind.

Bezüglich der Herkunft ist eine große Menge
bezeichnet: keiner der großen Schweizer Maler ist
unvertreten. Manche lernen wir hier in ihrer Eigen-
art besonders kennen. Und wie der Mehrzahl der
großen Maler, so begegnen wir auch den vornehmen
Familien des Landes mit ihren Wappen, den Kan-
tonen und ihren Würdenträgern, den Schützen und
anderen, dem ehrsamen Handwerk und Wehrstand
— es ist ein lebendiges Bild, was sich da vor uns
entrollt — leider bestimmt, zerrissen zu werden!

An die Schweizer Scheiben schließt sich er-
gänzend eine Gruppe deutscher, holländischer und
italienischer Herkunft au; endlich folgt eine Anzahl
moderner Arbeiten.

Bilden die Glasmalereien auch den Hauptbestand
 
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