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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 2.1891

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Metallener Zierrat an sienesischen Palästen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5004#0180

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rMETALLNER ZIERAT AN SIENESISCHEN PALÄSTEN.

MIT ABBILDUNGEN NACH AUFNAHMEN VON JENS WEILE.

LNE Eigentümlichkeit der Renais-
sancepaläste in Florenz sowohl
wie auch in anderen toskanischen
Städten muss einem jeden, der an
den Fronten der stolzen Patrizier-
häuser hinschlendert, auffallen,
selbst wenn er nur wenig Auge für architektonischen
Zierat hat, nämlich die in regelmäßigen Abständen
etwa in Schulterhöhe angebrachten kleinen eisernen
oder bronzenen Wandarme, die in ihrer Form und
mit dem lose im Gelenk eingehangenen Ringe den
Thürklopfern nahe verwandt sind und vermutlich
auch von ihnen abstammen. Ob diese Ringhalter
außer ihrer allerdings wem«; ins Gewicht fallenden

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dekorativen Bedeutung auch noch einen praktischen
Zweck als Befestigungsmittel für ephemeren Zierat
(Fahnen, Blumengewinde) gehabt haben, mag dahin-
gestellt bleiben. Einem alltäglichem Bedürfnis, das
freilich ihre große Anzahl nicht erklärt, dienen sie
noch heute, insofern Eseltreiber und Fuhrleute sich
ihrer bedienen, um ihre Tiere daran festzubinden.

So unscheinbar dieses Zubehör toskanischer
Paläste ist, so wird man bei näherer Untersuchung
doch finden, dass auch an ihm die Formenfreude der
Renaissance gemodelt hat, um dem Dinge eine an-
mutige Gestalt zu geben. Von den einfachsten Ar-
beiten dieser Art, die sich in Siena finden, geben
wir einige am Kopf- und Fußende dieses Aufsatzes.

Bisweilen nehmen diese Wandarme eine ge-
schwungene Form an und laufen in ein Schnecken-

gewinde aus, so dass sie den vorzugsweise an den
Ecken der Paläste in Geschosshöhe angebrachten
Fahnen- oder Fackelhaltern ähneln (Taf. I, Fig. 4
u. 5). Die Fackelhalter selbst sind in Siena ebenso
wie in Florenz oft zu wahren Prachtstücken der
Erzgießerei entwickelt. Gewöhnlich bildet der hän-
gende Ring das passive Gegenstück zu der kräftig
aus dem Akanthusblatt aufschießenden Volute. Eins
der einfachsten Beispiele, wo der Ring ausnahms-
weise einmal nicht am Fußende, sondern am Halse
des Halters hängt, geben wir in Fig. 3 auf Taf. 1.
Die reichsten und vollendetsten Arbeiten dieser
Art zieren den Palazzo del Magnifico. Ihr Schöpfer
ist der berühmte Erzgießer Giacomo Gozzarelli (1453
bis 1515). Auf Tafel II sind zwei dieser Zierstücke
(vom Jahre 1508) nebeneinander gestellt. Das eine
(Fig. 1) stellt keinen eigentlichen Fahnenhalter dar,
sondern ist aus einer rein dekorativen Absicht her-
vorgegangen; der Typus ist geblieben, das Zweck-
dienliche aber ganz vergessen. In Fig. 2 bringen
wir den bei Burckhardt (Renaissance in Italien.
3. Aufl., S. 303) mehr von vorn und in kleinerem
Maßstabe abgebildeten Fackelhalter, der zu den
schönsten seiner Art zählt, wie denn überhaupt die
Arbeiten Cozzarellis selbst denen der Florentiner
Meister überlegen sind. Es ist, wie Burckhardt
treffend sagt, nicht nur die Schönheit des einzelnen
Stückes mit seinen Akanthusblättern und seinen
energischen Profilen, was uns diese Kleinigkeiten
wert macht, sondern vielmehr der Rückschluss auf
 
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