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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Jessen, Peter: Die Kunst im Plakatwesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0097
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Plakat von Fokain 85 : 200 um.

DIE KUNST IM PLAKATWESEN.

VON PETER JESSEN.

KIT wenigen Jahren herrscht im Plakat-
wesen der Franzosen und Engländer eine
lebhafte Bewegung. Man hat entdeckt,
dass die Anschläge auf der Straße und
im geschlossenen Baume nicht Fabrik-
ware zu sein brauchen, sondern auch
der Kunst zugänglich gemacht werden können. That-
kräftige Künstler haben den Beweis dafür erbracht
und in kurzer Frist ein neues, fruchtbares Gebiet er-
öffnet. Wer in den letzten Jahren durch die Straßen
von Paris oder London gewandert ist, hat eine ganze
Beihe von Beispielen vor Augen, Plakate von zugleich
auffälliger und gefälliger Wirkung, Gestalten, Motive
und Farbeneffekte, die man nicht übersieht und nicht
vergisst.

Als vor zehn Jahren in Paris das erste Buch über
den Gegenstand erschien (Maindron, Les affiches illu-
strees), da wunderte man sich, dass es möglich sei,
darüber einen so stattlichen Band zu schreiben.

Aus den früheren Jahrhunderten war in der That
nichts Großes zu berichten. Wie man in Pompeji die
Wände bemalte und bekritzelte, wie in der Eeformation
der junge Holzschnitt hie und da zu Verkaufsanzeigen
oder dergl. verwendet wurde, wie man im 17. und
18. Jahrhundert zum Kupferstich griff und in Paris die
Theaterprogramme, in Deutschland die Doktorthesen ver-
zierte, das alles waren nur schwache Anläufe ohne rechtes
Ziel und rechten Erfolg gewesen. Breite Wirkungen ge-

Kunstgewerbeblatt. N. F. VII. H. G.

[Nachdruck verboten.]

langen erst durch den Steindruck; das Plakatwesen ist,
wie die Lithographie, eine Schöpfung des 19. Jahrhun-
derts. Allein die Kunst kümmerte sich wenig um die
scheinbar bescheidenen Aufgaben, die hier gestellt
wurden. Man begnügte sich nicht nur für die Aus-
führung, sondern auch für die Erfindung mit handwerk-
lichen Kräften. Nur gelegentlich haben einzelne der
Pariser Zeichenkünstler aus den dreißiger und vierziger
Jahren, Gavarni, Eaffet u. a., eine Bücheranzeige oder
ein ähnliches Blatt geschaffen, das damals in der großen
Menge verschwand und jetzt teuer bezahlt wird. Mit
dem Farbendruck, der sich für Plakate natürlich am
besten empfahl, beschäftigte sich überhaupt kaum ein
selbständiger Künstler; man überließ ihn ganz und gar
dem reproduzirenden Techniker.

Aber auf den farbigen Tafeln von Maindron's Buch
zeigten sich schon die Anfänge eines neuen, kräftigen
Lebens, aus dem seither eine Fülle frischer Blüten er-
wachsen sind. Im vorigen Jahre hat derselbe Verfasser
in einem zweiten Bande (Les affiches illustrees 1886
—1895) die französischen Plakate der letzten zehn
Jahre behandelt. Wer inzwischen die Arbeit der Pariser
Plakatzeichner nicht verfolgt hat, muss, wenn er das
Buch durchblättert, staunen über den Fleiß und die
künstlerische Energie, die auf diesem Gebiete eingesetzt
worden sind. Das Plakat ist in die Mode gekommen.
Es wird gesammelt, von Künstlern, Kunstfreunden und
Museen. Verschiedene Händler sorgen dafür, dass die

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