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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

DOI Artikel:
Kisa, Anton Carel: Antikes Kunsthandwerk am Rhein, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0155
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Kopfleiste aus dem Werke: Bergedorf von Georg Staunau, illustrirt. von 0. Schwindrazlieim.l
Verlag von Carl Griese, Hamburg.

ANTIKES KUNSTHANDWERK AM RHEIN.

VON ANTON KISA.

ENN schon die Keramik Galliens und
Eheinlands unbedingt herangezogen wer-
den muss, um eine richtige Anschauung
von der Entwicklung dieses Industrie-
zweiges im Kömerreiche zu geben, so
gilt dies noch mehr von der Glasindustrie.
Die einseitige Hervorhebung der Erzeugnisse der Mittel-
meerländer hat die Fiktion hervorgerufen, es sei das vor-
nehmste Ziel der antiken Glasinacherkunst gewesen, farbige
Pasten zur Nachahmung von Edelsteinen herzustellen. Und
doch sagt Plinius, dass die römischen Glasmacher ihre
höchste Ehrein die Bereitung farblosenkrystallhellen Glases
gesetzt hätten. In der That bildete die Herstellung
opak-farbigen Glases, seine cameenartige Bearbeitung
und die Nachahmung von Edelstein und Marmor, in der
Blütezeit und später nur einen kleinen, allerdings kunst-
reichen Zweig der Industrie, die des durchsichtigen,
möglichst farbfreien die weitaus überwiegende Tliätig-
keit. Das Vorherrschen des opaken und farbigen Glases
in den ersten Perioden der Entwicklung hat seinen
Grund nicht etwa in einer ästhetischen Kunstanschauung,
sondern in der Unzulänglichkeit der technischen Hilfs-
mittel. Der zur Glasbereitung verwendete Flusssand
ist zumeist mit Metalloxyden durchsetzt, welche die
Masse trüb und farbig erscheinen lassen. Näher als
die Entdeckung von Entfärbungsmitteln lag die, durch
eine Verstärkung der Zusätze an Metallen die Farben
zu variiren und intensiver zu machen. Ohne Zweifel
hat der Zufall hierbei anfangs die Hauptrolle gespielt.
Das so gewonnene opak-farbige Glas eignete sich am
besten zum Überzug von Thonwaren, als Glasur, zum
Schmucke von Metallgerät, als Email und zur Herstellung
Kunstgeworbeblatt. N. F. VII. H. 9.

(Schluss.)

gegossener Pasten und Gefäße. Verbesserungen in der
Feuerung, schärferes, wiederholtos Brennen, vor allem
aber die ägyptische Erfindung der Glaspfeife ergaben als
weiteren Fortschritt die Erzeugung des durchsichtig-
farbigen, geblasenen Glases. Erst zu Beginn unserer
Zeitrechnung gelang es den alexandrinischen Hütten, die
Fritte durch Zusätze von Manganoxyden vollständig zu
entfärben und so ein Material zu gewinnen, das wie
Krystall aussah, aber dieses, wie alle anderen Materialien,
durch seine Bildsamkeit weit übertraf. Durch diese Ent-
deckung überflügelte Alexandrien seine Konkurrenten in
Sidon und Tyrus und behielt auch auf dem Gebiete der
Glasindustrie die führende Eolle im römischen Welt-
reiche. Nachdem man einmal alle Eigenschaften des
Glases ausnützen gelernt hatte, suchte man seine vor-
züglichsten, die Farbl osigkeit und Durchsichtigkeit, immer
allgemeiner anzuwenden. Anfangs war das neu ge-
wonnene Produkt sehr kostspielig; vollkommen krystall-
helle Gläser standen höher im Werte als die herrlichen
Oberfanggläser, an welchen die, alexandrinischen und
italischen Gemmenschneider ihre hochentwickelte Technik
übten. Doch schon um die Mitte des 1. Jahrh. finden
wir reine farblose Glassorten bei Gebrauchsgefäßen und
gegen Ende des Jahrh. sind sie durchaus populär. Da-
neben hatte das unvollkommen entfärbte, grünliche, bläu-
liche und das nicht völlig durchsichtige Glas sich schon
in der ersten Kaiserzeit das Feld erobert und die ge-
färbten Sorten zurückgedrängt. Die zu Anfang des
1. Jahrh. von den Kömern nach Gallien und von da an
den Rhein verpflanzte Glasindustrie steht im Zeichen der
Farblosigkeit. Was Kelten und Germanen früher durch
phönizischen und karthagischen Import kennen gelernt

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