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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Obrist, Hermann: Hat das Publikum ein Interesse daran, selber das Kunstgewerbe zu heben?, [2]
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0109

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KLEINE MITTEILUNGEN

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glaube uns, die wir mitten drin stehen und man denke Dingen so auch hier, das, was man ersehnt, erträumt,

vor allem an das eigene Interesse. Man gehe nicht wahr zu machen aus eigener Kraft. Man verlange

nach Hause indem man sagt: mag sein, wir wollen und es wird gehoben werden,
aber erst abwarten. Nein: man versuche, wie in allen

KLEINE MITTEILUNGEN

VEREINE

WIEN. Nach dem Vorbilde der Münchener
Vereinigungen hat sich unter dem Namen
»Wiener Interieur-Club, Gesellschaft zur
Pflege der Kunst im Handwerk' eine Gesellschaft von
Künstlern und Vertretern des Kunsthandwerkes gebil-
det, die eine Art Zentralstelle für die kunstgewerbliche
Bewegung moderner Richtung in Österreich sein will.
Die Zwecke der Gesellschaft sind die künstlerische
Förderung ihrer Mitglieder und die wirtschaftliche
Ausnutzung der künstlerischen Erzeugnisse derselben.
Das Österreichische Museum für Kunst und Industrie
steht den Bestrebungen sympathisch gegenüber. Für
den Monat März 1900 plant die Gesellschaft ihre erste
Ausstellung. -u-

SCHULEN

PARIS. Die Ausstellung der städtischen Kunst-
gewerbeschule. Alljährlich veranstaltet die Ecole
Boulle eine Ausstellung von Schülerarbeiten, um
so den Freunden der Anstalt und dem Publikum im
allgemeinen Gelegenheit zu geben, über die Leistungen
der Schule ein Urteil zu fällen. Die Ecole Boulle
hat ihren Namen von dem im Jahre 1642 geborenen
französischen Kunsttischler Boulle, dessen Möbel sich
besonders durch die reiche Verzierung mit eingelegtem
Schildpatt, Zinn und vergoldetem Kupfer auszeichnen.
Gegründet wurde die Anstalt im Jahre 1886 von der
Stadt Paris, um, wie es im Programm heisst, »Arbeiter
heranzubilden, die imstande sind, den traditionellen
Geschmack und die Superiorität der französischen Er-
zeugnisse auf dem Gebiete der Kunsttischlerei aufrecht-
zuerhalten:. Etwa 250 Schüler, die beim Eintritt in
die Schule mindestens 13 und höchstens 16 Jahre
alt sind, werden daselbst praktisch und theoretisch
unterrichtet. Die Schulzeit beträgt vier Jahre und um-
fasst die folgenden Fächer: Schreinerei, Polstern, Holz-
schnitzen, Drechseln, Ziselieren, Gravieren, Formen
u. s. w. Theoretischen Unterricht erhalten die Schüler
in Geometrie, Technologie, Kunstgeschichte, Muster-
zeichnen, Dekoration u. s. w. Die zu Anfang Oktober
eröffnete diesjährige Ausstellung zeigt, dass die Schüler
allerdings eine gewisse technische Handfertigkeit er-

Kunstgewerbeblatt. N. F. XI. H. 5.

langen, dass aber im übrigen nicht viel zum Lobe
der Anstalt zu sagen ist. Die Lehrer versteifen sich
einzig darauf, die vorhandenen Stile sorgfältig kopieren
zu lassen, und der Schüler lernt zwar eine Kommode,
einen Stuhl oder sonst ein Hausgerät im Stile Louis
quinze oder Louis seize anzufertigen, darauf beschränkt
sich aber auch sein Wissen und Können. Von irgend
einem frischen, originellen Zuge ist nichts zu spüren,
und während man in Pariser Künstlerkreisen die Neu-
gestaltung unseres Hausrats anstrebt, bleibt die Ecole
Boulle den alten verknöcherten und versteinerten
Formen treu. Wir glauben nicht, dass auf diese
Weise die oben angeführte Absicht des Programms
erreicht werden kann, und unseres Erachtens thäte
die Stadt Paris gut daran, einen oder mehrere der
im Salon des Champ de Mars ausstellenden Kunst-
handwerker für den Unterricht in der Ecole Boulle
zu gewinnen. Denn wenn es sich nur darum handelt,
Leute zu bilden, die vorhandene Muster treu kopieren
können, so mag man die Erziehung und Lehre
der jungen Handwerker getrost den Schreinerwerk-
stätten und Möbelfabriken überlassen. Was die Zög-
linge der Ecole Boulle in dieser städtischen Anstalt
lernen, könnten sie ebenso gut in irgend einer Möbel-
fabrik des Faubourg St. Antoine lernen. Die Stadt
Paris könnte mit dem Gelde, was sie jährlich für die
Ecole Boulle hergiebt, das Kunstgewerbe bedeutend
fördern und heben; aber die Sache müsste anders
angefangen werden. Es handelt sich dabei durchaus
nicht um Aufgabe der guten alten Tradition, aber
man müsste den Schülern daneben Gelegenheit geben,
auch die neueren Bestrebungen kennen zu lernen.
Bei dem sklavischen Kopieren der alten Schablonen,
wie es jetzt in der Ecole Boulle geübt wird, kann
von einer Belebung und Förderung des Kunsthand-
werkes nicht die Rede sein. SCH.

PARIS. Neuer Lehrgang im französischen kunst-
gewerblichen Unterricht. Die Zeitschrift »Art et
Decoration« berichtet: Im National-Konservato-
rium für Kunst und Handwerk ist im Laufe dieses
Jahres ein ausserordentlich zweckmässiger Lehrgang-
eingerichtet worden, wie ihn unsere grossen indus-
triellen Schulen schon längst ihren Schülern hätten
bieten müssen. Allzuhäufig giebt der kunstgewerb-

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