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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Schwindrazheim, Oskar: Vierländer Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0123

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Kopfleiste, gezeichnet von Elly Hirsch, Berlin.

VIERLÄNDER KUNST

(Schluss.)

Von sonstiger Metallarbeit käme noch das
Schmiedeeisen in Betracht, das wir im und am Hause
in Giebelkrönungen aus Blumen, in Thürklopfern,
ringförmig oder in Tierform, sowie in sonstigem Thür-
und Fensterbeschlag antreffen; die eisernen Kessel-
haken der Vierlande sind nicht verziert, wohl aber
treffen wir bisweilen Waffeleisen in Scherenform,
deren Platten eingegrabene Hohlverzierungen, z. B.
Hamburger Wappen und Doppeladler zeigen.

Eine ganz andere Rolle, als im Hause, spielt das
Eisen in der Vierländer Kirche, der wir uns nunmehr
zuwenden.

Bei der Kirche des Dorfes Curslak sehen wir noch
heute den Eingang zum ummauerten Kirchhofe durch
ein hölzernes originelles Thor mit Ziegeldach, an
altländer Hofthore erinnernd, gebildet. Beim Herum-
wandeln um die Kirche sehen wir auf den Gräbern
allerlei typische Vierländer Kreuzformen, aus Holz ge-
arbeitet, stehen. Die Kreuzenden sind recht ver-
schiedenartig ausgebildet, wir treffen gleich lange
Arme, langen Mittelarm oder längere Seitenarme an.
Immer sind sie weiss gestrichen, bisweilen schwarz
umrändert. Auch hölzerne Grabtafeln in allerlei Aus-
gestaltungen der Krönung finden sich vor. Merk-
würdigerweise kommt das Schmiedeeisen, das in der
Kirche so sehr dominiert, auf dem Kirchhofe garnicht
vor, nur auf dem zu Kirchwärder stehen auf einem
alten liegenden Grabstein als auffallender Schmuck
zwei niedere geschmiedete Kreuze mit lilienförmigen
Enden. Dagegen zeigt uns die reich ausgebildete
Wetterfahne der gleichen Kirche, mit Lilienkranz, mit
einem ganzen Blumenstrauss und darüber schwebender
Taube, sowie dem die Gesetzestafeln in der Hand
haltenden Moses verziert, ein schönes Stück Vierländer
Schmiedekunst.

Treten wir ins Innere.

Hier zeigt sich die Vierländer Intarsiakunst in
ihrem höchsten Glänze, denn die weit überwiegende

Mehrzahl der Bankthüren und -wangen aller Kirchen
ist in dieser schönen Technik geschmückt. Zu den
Sternen, Vierländer Blumenornamenten, Namenszügen
und Renaissanceornamenten treten hier architektonische
Motive und Allegorien hinzu. Hier wie fast immer
sind es nur zwei Holztöne, die zusammengesetzt
sind, Farbe kommt nie vor, wohl aber Halbtöne, durch
Behandlung mit heissem Sand erzielt; die Innenkonturen
der Formen sind graviert und geschwärzt. Bisweilen ist
die Intarsia verbunden mit Schnitzerei und Kröpf-
arbeit. Die nicht eingelegten Thüren sind vielfach
reich geschnitzt, selten einmal auch in Kerbschnitt.
In der Altengammer Kirche finden wir ferner derb,
aber nicht ungeschickt gemaltes, naturalistisches
Blumenornament auf hellblauem Grunde vor, wie
auch sonst an Emporen, Orgel, Decke u. s. w. allerlei
bäurische Malerei sich entfaltet.

Eingelegte Arbeit zeigen auch die vor den
Sitzen an der Rückseite der Vorwand befindlichen
Gesangbuchkästen. An sonstigen Holzarbeiten ein-
heimischen Ursprungs finden wir noch alte Lesepulte,
durchbrochene Ornamente über Thüren, an Kanzel
und Kanzelgeländer, Aufsätzen u. s. w.; auch die
Rückwände der Bänke sind bisweilen oben durch-
brochen, aus senk- und wagrechten Sprossen fenster-
kreuzartig zusammengefügt. Altar und Kanzel, Kron-
leuchter, Taufstein und Orgel sind überall städtischen
Ursprungs oder doch in der Hauptsache, einzelnes
mag im Lande hergestellt sein.

Ein besonderer, höchst auffallender Schmuck der
Vierländer Kirchen verdankt den Schmieden des Lan-
des seinen Ursprung: die Huthalter. An jeder Bank-
wange und an den Rücklehnen derselben, da wo
Quergänge den Mittelgang kreuzen, ragen sie empor,
von der Decke hängen sie über den Emporen herab.
In diesem Falle sind sie meist nur einfach, anker-
förmig, in ersterem Falle aber sind sie ausserordent-
lich verschiedenartig und reich gestaltet. Niedere,
 
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