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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Mahlberg, Paul: Das künstlerische Inserat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0031

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DAS KÜNSTLERISCHE INSERAT


DAS KÜNSTLERISCHE INSERAT
Von Paul Mahlbero

VOM künstlerischen Plakat ist viel die Rede, nicht
allein gelegentlich in Zeitschriften, sondern es
besteht eine eigene Zeitschrift des »Vereins der
Plakatfreunde« und eine ansehnliche Buchliteratur.
Museen und Privatleute sammeln Plakate. Dagegen
zeigt sich viel weniger sachliches und literarisches Inter-
esse am guten Inserat. Es ist die alte Erfahrung, daß im
Vergleich mit dem farbigen Bild das Schwarz-Weiß
nie als ganz voll und wichtig angesehen wird. Dabei
ist das Zeitungsinserat künstlerisch, das heißt als Träger
ästhetischer Wirkungen im Gesamtbilde der modernen
Propaganda, und kunstpädagogisch mindestens von
derselben Bedeutung wie das Plakat; vom wirtschaft-
lichen Standpunkt aus aber viel wichtiger. Es wird
infolge der Stetigkeit des Inserierens viel mehr Geld
für Inserate ausgegeben als für Plakate, und es ist
volkswirtschaftlich wahrlich nicht gleichgültig, ob eine
große Summe für Schund ausgegeben wird, die der
Kunst und der Erziehung des Kunstsinnes zugute
kommen könnte. Darum wäre ein eingehendes Be-
fassen mit dem Inserat und seinen ästhetischen Möglich-
keiten innerhalb der technischen Bedingungen sehr zu
wünschen. Die »Kölnische Zeitung« stellte vor einiger
Zeit fest, daß wir bald die meist inserierende Nation
sein werden. In der Tat nimmt die Zahl der Inserate
in unseren Tageszeitungen und Zeitschriften stetig zu.
Dabei auch das stetige Inserat der großen Zigaretten-,
Sekt- und Schuhwarenhäuser, der technischen (beson-
ders automobiltechnischen), der Genuß- und Nahrungs-

mittelfirmen m it eigenem Bildklischee. Da diese Klischees
auch in die Provinzblätter übergehen, kann das Inserat
prinzipiell (im besonderen natürlich nur wenn es gut
ist) eine Mission erfüllen, in die das Plakat nach Lage
der Dinge nicht eintreten kann. Das moderne künst-
lerische Plakat, das in Deutschland überhaupt und be-
sonders in Berlin seinen höchsten Stil erreicht hat,
bleibt in seiner Verbreitung auch meist auf diese Stadt
beschränkt. (Ich erinnere mich noch der Aufregung
im Straßenbilde, als vor ungefähr einem halben Jahre
das Plakat eines unserer besten Künstler auf diesem
Gebiete zahlreich in einer rheinischen Großstadt auf-
trat.) Im Inserat ist nun die Möglichkeit gegeben,
auch weitere Kreise mit der stilistischen Formulierung
unserer Zeit bekannt und vertraut zu machen. Die
ästhetische Wirkung der Großstadt (der prägnantesten
Erscheinungsform unserer Kultur) und des Plakates
(also auch des Bildinserats) beruht auf den gleichen,
streng ///zmr-stilistischen Prinzipien. Beide sind gänz-
lich unmalerisch, im Bilde vom Duktus der Perspektiven
abhängig. In beiden drückt sich dasselbe »bestimmte
Gefühl von einer bestimmten Form des räumlichen
Daseins« aus, der Vorbedingung zur Entstehung eines
Zeitstiles. Wenn wir diese Linien konsequent verfolgen,
werden wir lernen, die Erscheinungen der Jetztzeit
künstlerisch zu bewältigen, werden wir von dem ängst-
lichen polystilistischen Schwanken loskommen, und
zur Formulierung eines einmal für unsere Epoche
historisch gültigen Stiles gelangen. Der dereinst für
 
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