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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Urff, Siegmund: Die Elfenbeinschnitzerei im Odenwalde
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0098

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DIE ELFENBEINSCHNITZEREI IM ODENWALDE
Von Siegmund Urff

IM oberen Mümlingtale zwischen den laubgrünen
Bergen des Odenwaldes liegt das Städtchen Erbach,
eins der landschaftlich schönsten in dem von der
Natur so reich gesegneten Hessenlande. Das erste,
was uns beim Verlassen des Bahnhofes in die Augen
fällt, ist der wuchtige, altersgraue Bergfried mit seinem
spitzen Helmdach. Um ihn drängen sich die spitz-
giebeligen Häuser wie Schutz suchend gegen die
moderne Welt, die mit mächtigen Schlägen an ihre
Mauern pocht. Aber so sehr sie sich auch dagegen
wehren mochten, die Neuzeit ist doch über sie her-
eingebrochen, hat den engen Festungsgürtel gesprengt,
und die Stadt hat den Leib gereckt und sich hinge-
lagert breit und behäbig in dem grünen Flußtale hin-
auf und hinunter, hat ihre Arme nach den Höhen
ausgestreckt, überallhin freundliche, lichtfrohe Häuser
setzend als ein Zeichen einer freieren, sonnigeren Kultur.
Sogar der Schienenstrang hat seine glitzernden Spuren
gezogen hoch oben an der Berglehne und hat das
stille Städtchen dem Verkehr an die Straße gelegt, o

□ Aber trotzalledem, das Herz dieses freundlichen
Gemeinwesens, das sich dort unten breitet, ist doch
unversehrt geblieben durch den Wandel der Jahr-
hunderte. Es pulsiert nach wie vor in dem stolzen
Schlosse, das das alte Adelshaus der Erbacher nun
schon seit vielen Jahrhunderten bewohnt. Wenn auch
das Geschlecht längst aufgehört hat, zu regieren, so
bildet es immer noch einen Zentralpunkt des geistigen
Lebens des Bezirkes. Und wo es gilt, der Bevölkerung
eine Verbesserung seiner Lage zu schaffen, da ist das
Grafenhaus immer zur Hand mit Rat und Tat. Noch
heute blickt man zu ihm empor mit altgewohnter
Dankbarkeit und Verehrung. □
□ Unzählige Wohltaten haben die Grafen dem Städt-
chen erwiesen. Keiner aber hat einen solch nach-
haltigen Einfluß auf das Leben der Bewohner der
Grafschaft gewonnen, wie der letzte regierende Graf
Franz I. Er ist als der Begründer der Elfenbein-
schnitzerei anzusehen, die noch heute einem großen
Teile der Einwohner von Erbach und dem benach-

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