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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Schur, Ernst: Deutsche Medaillen und Plaketten
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Westheim, Paul: Schrift und Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0129

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SCHRIFT UND SCHULE

dann als Urform. Die Medaillen werden hierauf dem
Stempeldruck ausgesetzt und mit dem Hammer herausge-
schlagen oder es wird die Herstellung auf mechanischem
Wege bewirkt. Eine Friktionspresse von 180000 Kilogramm
Druck arbeitet hierbei mit einer verblüffenden Leichtigkeit
und Genauigkeit. Mit einer beinahe eleganten Bewegung
— so schnell wie man einen Finger hebt und senkt —
führt die Maschine diesen Druck aus, der nur wie eine
leichte Bewegung erscheint. a
□ Den französischen Modelleuren gebührt das Verdienst,
dieses Gebiet wieder neu gepflegt zu haben. Und wir
spüren den Eindruck der französischen Medaillenkunst,
die jahrelang die einzigen künstlerischen Exemplare lie-
ferte, überall. Dies war früher nicht so. In früheren Jahr-
hunderten waren auch in Deutschland die Graveure und Me-
dailleure ernst zu nehmende Künstler. In Frankreich kam
diese Kunst in neuerer Zeit sogar vielfach in die Hände
der Bildhauer. □
n Das sechzehnte Jahrhundert ist für dieses Gebiet der
Kleinkunst in Deutschland der Höhepunkt. In Nürnberg
waren Stempelschneider tätig, die Entwürfe von Cranach
und Dürer ausführten. Dann trat Augsburg mit Hans
Schwarz und Friedrich Hagenauer, sowie Conrad Meit in
den Vordergrund. Schwarz war Bildschnitzer, seine großen
Medaillen zeigen scharf herausgearbeitete Porträtköpfe,
die beinahe impressionistisch anmuten. In Nürnberg wid-
meten sich dagegen hauptsächlich die Goldschmiede dieser
Kunst; ihre Erzeugnisse sind ruhiger, klarer, fester, auch
eleganter; Peter Flötner wäre hier hauptsächlich zu nennen.
Späterhin hat dann jeder Hof seine Münzschneider und
Graveure. Manch ausländischer Einfluß kam hinzu, z. B.
aus Italien. Bis zum dreißigjährigen Kriege blieb die
Medaillenkunst in eigener Übung. Dann fanden sich nur
noch einzelne, wenige Künstler, die hierfür arbeiteten, so
daß das Interesse dafür immer mehr nachließ. Während
man in der Blütezeit die runde Form bevorzugt hatte,
prägten die weniger geschickten Nachfolger ovale Münzen,
da die Unterbringung des Brustbildes hier nicht so viel
Schwierigkeiten machte. Seit etwa zehn Jahren datiert bei
uns das Wiederaufnehmen der Medaillenkunst, angeregt
durch die französischen Künstler, denen der eigene, feine
Charakter dieser Kunst besonders zusagte. □
a Daher kommt es, daß wir uns einen eigenen Stil erst
erarbeiten müssen. Und die Kunstausstellungen sollten
immer wieder Medaillen bringen, und zwar nur markante,
schöne Stücke, damit der Blick für die Eigenheiten sich
schärft, und das Notwendige vor dem Möglichen in den
Vordergrund tritt. □

□ Als künstlerische Persönlichkeiten heben sich Kowarzik
und Bosselt heraus. Kowarzik arbeitet auf den feinen,
intimen Eindruck hin; er ist ganz persönlich, er hat Vor-
liebe für das Kleine, Umschriebene, dem er einen Reiz zu
verleihen weiß, der erst bei längerem Zuschauen heraus-
tritt. Bosselts Arbeiten haben alle eine klare, künstlerische
Haltung. Er betont das Künstlerische. Wie bei Bosselt
die Linien sich sanft herausheben aus dem Grunde, der
dadurch fast Leben erhält, wie sich die plastische Erschei-
nung dann als ein natürliches Zusammenwirken von Linien
und Flächen, hauptsächlich Flächen, die Bosselt bevorzugt,
heraushebt, das zeugt von dem reifen Können, dem Takt
des Künstlers. Er vermeidet alle Schärfen und Härten
und das Bild lebt bei ihm mit aller reichen Schönheit, die
scheinbar erst entsteht. □
□ Zu diesen Künstlern haben sich eine ganze Reihe anderer
gesellt, die in verschiedener Technik arbeiten; Hugo Kauf-
mann (dessen ausgezeichnete Virchow-Plakette wir oben
abbilden. Red.), Elkan, der in italienischer Manier die
Gußmedaille pflegt, Dasio und Römer, die sich der alten
deutschen Schneidetechnik widmen, Wrba, Taschner, Le-
derer und andere. □
n Dies alles sind Ansätze, die zu beachten sind. Sie lassen
die Einheit vermissen, zeigen aber die Möglichkeiten. Man
vermeidet das Schematische, ist aber ebenso sehr von
einem Stil entfernt. Man scheut sich noch, einen Charakter
zu prägen und bleibt im ganzen hinter der Linie zurück,
hinter der das Muß beginnt. Es gehört eine echte Hin-
gebung dazu, in unserer Zeit, die den lauten Lärm liebt,
sich mit aller Kraft dieser unscheinbaren Kunst zu wid-
men, die so wenig lauten Ruhm verheißt. Künftighin
müssen die Künstler, die das tun, dahin streben, zu einer
größeren Freiheit und Kraft zu kommen, die Vielseitigkeit
des Lebens mit den Mitteln dieser eigenen Kraft resolut
zu erfassen; damit sie nicht mehr so getreu daran denken,
alte Regeln zu erfüllen, alte Vorbildern zu folgenn, sondern
mutig ein Neues, einen Anfang zu geben, den Anfang
zum Stil. Aber die Vielseitigkeit dieser Talente verbürgt
einen Aufstieg und beweist jedenfalls, daß das öffentliche
Interesse sich diesem Sondergebiet der Kleinplastik wieder
zuzuwenden beginnt. Der architektonische Gedanke, der
unsere ganze Kunst zu durchziehen beginnt, kann auch
auf diesem kleinen Gebiet reinigend und klärend wirken
und auf diese Weise aus den individuellen Versuchen zu
einem Stil führen, der dem Geschmack der Zeit, wie den
Erfordernissen der Technik entspricht. □

SCHRIFT UND SCHULE

Von Paul Westheim

DIE Ausstellung dekorativer Schriftblätter, die ge-
legentlich des Dresdener Unterrichtskongresses
und dann in ihren Hauptstücken auch in Berlin1)
gezeigt wurde, war nicht eigentlich darauf angelegt,
interessante kalligraphische Leistungen vorzuführen.
Diese sollten wohl dargeboten werden, aber immer
1) Diese Ausstellung fand um die Wende des neuen
Jahres statt und war im Aufträge des Preußischen Kultus-
ministeriums in einer Gemeindeschule der Friedrichsiraße
veranstaltet worden. Red. □

nur als Antwort auf das Problem, wie, auf welche Weise
und durch welche Mittel die neue Kalligraphie Eingang
in die Schulen zu finden vermöchte. Ein Problem,
das, einmal aufgetaucht, aus der Diskussion nicht mehr
verschwinden kann und das, bevor ein einwandfreier
Weg festgelegt ist, noch so mancher Erörterung
bedarf. □
□ Daß die Art, wie an unseren Volks- und Mittel-
schulen das Schreiben gelehrt wird, einer Reform be-
darf, leuchtet ein. Daß auch in Preußen maßgebende
 
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