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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1901)
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Bartels, Adolf: Vom deutschen Drama der Gegenwart
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Batka, Richard: Cornelius als Liederkomponist
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0019

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geben, das ist ja wohl auch bei der Leipziger Austührung im Kunstwart
schon geschehen, aber soviel ist jedenfalls richtig, daß man in der an-
gedeuteten Beziehnng von ihm lernen kamn Wie nun dic Entwickelling des
Neu-Shakesperianismus weiter gehen, ob der extreme Geist der Eulenberg,
Geucke u. s. w.>oder der gemäßigte Lienhards die Herrschaft gewinnen
wird, ist natürlich schwcr vorauszusagen. Jch sür mcine Person wünschte,
daß die sachliche Nichtung siegte; denn diese allein könnte, wie ich glaube,
die Emanzipation unseres Dramas von der Berliner Theaterwirtschaft,
soweit sie nötig ist, durchsctzen. Stücke wie Kurt Geuckes „Sebastian"
künnen nur in einem experimentierenden Großstadt-Theater auf-
geführt werden, viel notwendigcr aber ist uns jetzt ein neuer Stamm
guter historischer Dramen, die für alle mittleren Bühnen geeignet sind
und von ihnen auch zuerst gegeben werden künnten. Vor der Wiederkehr
dcs öden sogenannten Jambendramas freilich möge uns der Herr be-
hüten, davor aber kann uns auch der treue und schlichte Geist einer
ernsten Hcimatkunst bewahren. So kommen wir vielleicht über ein paar
Jahrzehntc hiniveg und legen den Grund für den, der kommen wird.

Adolf Bartcls.

LorrieUus als Lieclerkornponisl.

Es mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, daß in ciner Zeit,
da die musikalische Lprik so prächtig weiter blüht, da — um die be-
deutendsten zu nennen — neben dem genialen Hugo Wolf noch ein
Nichard Strauß lebt, da in der nachschaffenden Kunst so eigenartige
Erscheinungen wie Ludwig Wüllner auftanchen, da der leere Singsang
immer mehr von den Konzcrtprogrammen verschwindet und das Ver-
ständnis für die intimen Reize des Liedes sich zu verbreitcn beginnt,
daß in einer solchen Zeit ein Pcter Cornclius noch nicht zu höherer
Geltung gelangt ist.

Nicht als ob es diesem Meister an äußercn Ehren mehr fehlte.
Nennt man die besten Namen, so pslegt wohl auch der seinige genannt
zu werden. Aber im öffentlichen Musikleben der Gegenmart ist er unter
den Fortschrittlern von Wolf und Strauß vcrdrängt worden, etma wic
in konservativeren Kreisen Robert Franz vor Johannes Brahms hat
weichcn müssen. Kaum daß man ab und zu „Ein Ton" oder „Komm,
wir wandeln zusammen im Mondschein" oder wenn es hoch kommt, die
„Brautlieder" zu hören bekommt. Gerade mit seincn bedeutcndsten
Sachen spricht Cornelius so gut wie nie zur deutschen Musikwelt, und
die Gründe dafür mnß man in der Geschichte dcr neudeutschen Be-
wegung suchen. Neben den glänzenden Erscheinungen eines Wagner
und Liszt sah sich der beschcidene Cornelius zur Nolle eines Trabanten
verurteilt. Seine stille, beschauliche, mehr fraucnhnst zartc als thnt-
kräftige Natur vermochte sich selbst nicht durchsetzen, nur als das Nest-
häkchen der neudeutschen Partei fand er in den von ihr beeinflußten
Kreisen eine eher liebevolle denn hartnäckig begeisterte Pflege. Nnd da
das Jnteresse dieser Partei von dcr dramatischen und symphonischen
Tonkunst fast gänzlich verbraucht, dcr Nest lyrischer Empfänglichkeit aber
von den nachdrüngenden Lebcnden, von Wolf und Strauß, zwci um
vieles energischeren Persönlichkeiten, in Anspruch genommen wurde, so
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