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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1901)
DOI Artikel:
Bode, Wilhelm: Goethe über Förderung der Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0059

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Goelke über förclevung cler Runll.

Auch Goethes Ansichten über Kunstpolitik wnren voi: dcn Ver-
hältnissen seiner Zeit und seinen eigenen Erlebnissen bedingt; rvenn wir
seine Urteile hören, brauchen ivir uns nicht init eincm deinütigen „Goethe
hat gesprochen" das eigene Denken zu verbieten, sondern wir iverden
von vornherein annehmen, daß einige seiner Meinungen allmählich nur
noch kulturhistorisches Jnteresse haben künnten. „Wie lange ivird es
dauern", sagte er s80si zu Falk, „so werden sie auch an mich glauben
und mir dies und jenes nachsprechen! Jch wollte aber, sie behaupteten
ihr Recht und öffneten ihre Augen selbst." Das mögen sich die Leser
gesagt scin lassen, dcnn ich selber beschränke mich auf ein ruhiges Berichten.

„Die Kunst kann niemand fördern als der Meister." Mit diesem
stolzen Satze scheint Goethe die ganze Kunstpolitik abzuthun; natürlich
bedeutet die Kunstfürderung der Mcister weiter nichts als das Schaffen
trefflicher Werke und allenfalls das Beraten und Belehren einzelner
Schüler. Aber wenn nur der Künstler die Kunst vorwärts bringen
kann, wer hilft dann dem Künstler? Dcnn cr ist doch auch der Hilfe
bedürftig!

Goethe erlebte zwei Zeitalter der Geistesökonomie. Jn seinen
jungen Jahren überwog noch der Feudalismus: dcr Dichter gchörte zum
Hofgesinde eines Fürsten oder sonst irgendwic zum Anhang der Mäch-
tigen. Oder deutlicher: wenn ein Poet von seincn Werken leben wollte,
so konnte er es nur, indem er sich die Gunst eines der Reichsten und
Mächtigsten erwarü, eines hochgcsinnten Herrn, der mit Alfonso von
Ferrara sprach:

„Ein Feldherr ohne Hecr scheint mir cin Fürst,

Der die Talente nicht um sich versammelt."

Ganz ist dieses Zeitalter heute noch nicht vorbei — man denke nur an
Bayreuth und Darmstadt — aber herrschend ist doch jetzt das Zwischcn-
meistcr- odcr Verlagssystem; der Dichter verkauft seine Werke wie der
Weber scine Leinewand und die Mäntelnäherin ihre Arbeit an eineu
Unternehmer, dcr sie an das Publikum weiter verhandelt. Goethe lebte
unter beiden Systemen und hatte Vorteil von beiden. Wir brauchen hier
nicht zu crzählen, was Karl August, der von uns Schriftstellern längst
„der Große" hätte beibenannt werden sollcn, für Goethe that und wie
er dessen aufrichtigstcn Dank erfuhr.

„Denn mir hat er gegeben, ivas Grohe selten gewahren,

Neigung, Muße, Vertrau'n, Felder und Garten und Haus.

Niemand braucht' ich zu danken als ihm, und manches bedurft' ich,

Der ich mich auf den Erwerb schlecht als ein Dichter verstand.

Hat mich Europa gelobt, was hat mir Europa gegeben?

Nichts I Jch habe, wie schwer! meine Gedichte bezahlt."

Die letzten beiden Zeilen gchören in die Geschichte der Geistesökonomie.
Goethe schrieb sie im Frühjahr f78s) und hatte volles Necht dazu. Er
hatte der Welt neben anderen zwei Werke gegeben, die sofort populär
wurdcn, aber niemand hatte daran gedacht, daß der Dichtcr des „Wcrthcr"
oder „Götz" bezahlt zu werden oder sonst eine Gegenleistung zu em-
Kunstwart
 
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