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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1901)
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Batka, Richard: Post festum
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0076

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gefunden hat, und in Bayrcuth besitzen wir einen Hort idealer Begeisterung,
um den uns dic anderen Nationen mit Recht beneiden. Dic Bewunderung
und die rege Teilnahme dcs Auslandcs sollte uns allcin schon verhindern, die
Bedeutung dieses Besitzes je zu unterschätzen." Jn dem berserkerhaften Sturm-
lauf gegen. Bayreuth in diesem Jubeljahr kann ich ein Verständnis für diese
Bcdeutung nicht erblicken. Richard Batka.

Lose klätter.

Wir bringen diesmal dcn ersten Tcil eincr noch nicht veröfsentlichten
Novelle unseres Mitarbcitcrs Leopold Weber.

*

Eiri Sotteskeinck.

Von Leopold Weber.

(Fragment.)

1-

Die altc Bezirksstadt dämmert unter den lichten Morgenncbeln dcs Flusses
mit ihrem Gcwirr von hochgicbligen Häusern hervor. Es hat acht llhr geschlagcn,
uud der Wcrktagslärm des crwachtcn Lebens rasselt, ruft und hännnert aus
dem Dunst.

Jm Osten der Stadt gcgen die Buchenhügel hin ragt die Volksschule, ein
stattliches, weihes Haus, über dem alten Wallgraben auf. Jm erstcn Stock
stehn die Fenstcr weit ofsen. Ein Haufcn Buben und Mädchen sitzcn drinnen
zum ersten Mal hinter dcn Pulten. Mit ängstlichen Augen schauen sic alle zum
alten Lehrcr Hcuberger auf. Der marschiert vor ihnen, dürr und grad wie ein
Zaunstecken, mit raschen Schritten auf und ab. Gefährlich krumm springt ihm
die Nase zwischcn den blaszblaucn Augen hervor, und wenn er mit dem Kopf
nickt, nicken die zerzaustcn, grauen Haare oben alle mit.

.Jawohl, ihr Buben, und ihr Weibsvolk, unmündiges!' ruft er mit heller
Stimme, „hicr pfcift's aus eincm andcrn Loch! aus is, heißt's jetzt, gar is,
g'wcsn is! Aufg'schaut, hcißt's, G'sellschaft! mich schaut's an l was ich sag, das
wird gethan."

Jmmer bcklommner blickt das Häuflcin Menschenkinder zu ihm cmpor.

Plötzlich steht mitten unter den Bubcn einer auf, ein derbes Bürschlein
mit cinem gelbbraunen Gcsicht und cincm Kopf voll wirrcr dunkler Haare, und
geht zwischcn den Bünken durch nach dcr Thür zu.

„Hoho!" schreit der Herr Lehrcr und schießt mit zwei langen Schrittcn
auf ihn zu: „wohin des Wegs, Herr Graf? wohin Euer Gnadcn?"

Der Bub bleibt stehn und schaut düster aus den großen. rundcn Augen auf.

„Jch mag nicht hier scin!" spricht er, „ich will heim l"

Da stutzt dcr Hcrr Lehrer.

„Jctzt wohl". mcint er's langsam, „so. so! du inagst nicht, Herr Graf!"

Er bückt sich zu ihm hinab und starrt ihn mit seinen glasblauen Augen
nachdenklich an.

„Bist du der?" er nickt, „Willst nicht dran glaubcn, was scin muß, du!
No ja, von mir aus, probicr's selbcr! nur zu mit dem Kops! stoß ein Loch in
die Wclt! Wirst bald spüren, wie's thut! Fahr ab, Kind Gottes, sahr ab! geh
nur zu! Wirst bald ivicdcr da sein!"

2. Dktobcrheft tZOt
 
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