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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1901)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Hofkunst und andere Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0101

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Hcckkunst urict ariclere Kunst.

Jn Berlin streitet man sich, wie unscre Leser wissen, wiedcr einmal
um dcn Einfluß des Kaisers auf die öffentliche Kunstpflege. Zwci Denk-
mälcr für die Neichshauptstadt, dcrcn Modellc in dcr Moabiter Kunst-
ausstcllung zu sehen warcn, habcn ihm nicht gefallcn, er wünscht Aende-
rungcn daran und ist der Ansicht, daß cr ein Recht habe, sie zu fordcrn.
Ob' dicse scine Ansicht zutrifft, das hat im Konsliktsall das Obcr-Ver-
waltungsgericht zu entscheiden, auf dcsscn Sachlichkeit man vertrauen
dars. Ein Grund, Ncchtsbeugungen zu besorgen, taucht nirgends auf.

An cincm nicht zu übcrsehenden Beispicle tritt abcr aufs Neue
dic Thatsache in Erscheinung, daß der Kaiscr auch in Dingen des Ge-
schmacks, auch in Dingen der Kunst seincr Auffassung wcit über das
Gcbiet dcr cigencn Bestellungen hinaus Gcltung zu verschaffen strebt.
Das ist ncu, dcnn die Vorgänger des Kaisers, insbcsondere sein Groß-
vater, hielten sich in dicser Bcziehung noch wcit von den Grenzen ihres
verfassungsmüßigcn Rcchtcs zurück. Aber es ist erklärlich. War die
üffentliche Kunstpslcge in Prcußen oder gar die der Stadt Bcrlin jemals
dazu angcthan, zu imponicrcn? Anderseits: war die Art, wie man
die kaiserlichen Entschließungen aufnahm, jemals geeignet, den Monarchcn
an der Sichcrhcit seincs Geschmacks zmeifcln zu lasscn? Man denke
nur an das Nationaldenkmal auf dcr Schloßfrciheit! Es wäre aber
kein thatfrcudigcr Mann, wcr nicht mit dcm durchzudringen vcrsuchte,
mas seiner gläubigcn Ucberzcugung nach das Beste auch für Andere
ist. So wird es schr vicle gcben, dic des Kaisers Vorgehen auch gegen
Berlin in diescn Fragen menschlich nur anspricht.

Ob es in seinen Ergebnissen dem dienen wird, was es ganz un-
zweifelhaft mit bcstem Willcn crstrebt, das abcr können wir damit noch
nicht beantwortct schcn. Einige Künstlcr und Kunstschriftsteller haben
zwar in der lehtcn Zeit ihre Mcinung darüber bis zu eincm freudigen
Ja umgelenkt. Wir brauchen Persönlichkeiten in der Kunst, sagen sie,
beim Kaiscr sehen wir viel, beim Berlincr Nate wenig davon — also!

Kunstwart

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