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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1901)
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Sprechsaal: Dichter und Komponist: (in Sachen "August Püringers")
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0305

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8preckl32l.

Oickler uncl kioniponisl.

'(2n 8acken .Zugust püringers'.)

Herr August Püringer in Graz hat sich durch die Form, in der ich ihm
(vgl. Kw. XIV, 19) willkürliche Aenderungen in mehreren rwn ihm komponierten
Gedichtcn vorgehalten habe, persönlich beleidigt gefühlt. Da für mich keinerlei
Grund vorhanden ist, der Persönlichkeit des Komponisten zu nahe zu treten,
sprcche ich mein Bedauern darüber aus, dah meine Worte, die nur eine ernste
künstlerische Kritik sein sollen, diese Auffassung seitens des Komponistcn ver-
anlaßt habcn, und crkläre, dah mir jede beleidigende Absicht natürlich völlig
fern gelcgcn hat. Jm übrigen verweise ich die Leser auf die folgenden Dar-
stcllungcn des Sachverhaltes.

Georg Göhler.

Verehrliche Redaktion des »Kunstwarts'!

Die Loyalität dcr oben gedruckten Erklärung Herrn vr. Göhlers dankbar
anerkcnnend, folge ich hiermit gerne einer Aufsorderung vou Jhrer Seite, dic
mir von vr. Göhler jüngst an dreien meiner ^Lieder' vorgeworfene Unge-
nauigkeit in der Wiedergabe Gocthcscher Texte von meinem Standpunkte aus
zu „verantwortciV.

vr. Göhler selbst fügte seinen damaligen Aeußcrungen über dieses Thema
bei, dah S ch u m a n n sowohl alsChopin derartiger Varianten vom Original-
texte sich in ihren Liedcrn schuldig machten! Wenn ich nun hinzufüge, dah die
Herausgcbcr der Liedcr Schuberts und der Balladen Löwes desgleichen
seitcnwcise die Abweichung der genannten Meister von den Originaltexten
registriercn müssen, wic ebenso, dah diese bcdeurenden Musikcr auch gelegentlich
eine Strophe „unterschlugen", d. h. nicht komponierten — ein Vorwurf, deu
mir I)r. Göhlcr in mciner Komposition von Gocthes ^An den Mond'" besonders
schwer anrcchnete — so befände ich mich eigentlich im Schutze der .bcsten Ge-
sellschaft!" — doch stehe ich grundsätzlich selbst auf dem Standpunkte der
gröhtcn Vcrehrung des Komponisten gegen den Dichter, welcher in diesem nicht
etwa des Tonkünstlers „Textlieferanten', sondern seinen würdigsten Anreger
und Beglückcr erblickt; und habe diese Auffassung sehr deutlich schon auf den
Titelblättern mcincr Liederhefte zum Ausdruck gebracht, indem ich dort drucken
lieh: „Gedichte von Goethe, Lenau, Luther u. s. w. . . . gesetzt für eine Sing-
stiimue u. s. w. von . . . ." dadurch doch deurlich die Gabe dcs Dichters über
die des Vcrtoners stellcnd l

Also „Pictätlosigkeit" ist sicher nicht der Grund meiner gclegentlichcn
Textvarianten! Jch erblicke vielmehr die häufige Erschcinung solcher Text-
abweichungen durch deu Komponisten auch bei so bcdeutcnden Mcistern, wie
den eingangsgcnannten, in dcm cigentümlichen Vorgang des produzierenden
Liederkompoiiisten, dcr ein ihn heftig anregcndes Gedicht, bci desscn crster Lek-
türe ihm bereits harmonische Klangwellen um das Ohr wogen, oft und immer
wicder licst, im Kopfe so die musikalische Brandung allmählich glättend und
klürcnd, dabei immer tiefer in die Stimmung des Gedichtcs eindringend, das
er schliehlich „auswcndig" (richtiger: inwendig!) behält und so auch cndlich
niedcrschreibt. Dabci gibt es dann wohl gclegentlichc, mcist unbewuhte klcinc
Acndcrungeu. Jch lcugne nun nicht, dah es angezcigt ist, nach erfolgter Nieder-
schrift dicse mit dem Originaltext sorgfältig zu vergleichen und diescn wo-
möglich wiedcr hcrzustcllcn! Jmmcr wird dies abcr nicht gehen: der Kom-

2. vezemberbeft 1901
 
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