Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1901)
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Sprechsaal: Dichter und Komponist: (in Sachen "August Püringers")
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0308

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
her, das Goethesche „An den Mond" und Schillcrs ,Lied des Fischerknaben".
Jch bitte, sie mit den Originalen der Dichter zu vcrgleichen, auch Kleinigkeiten
(Znterpunktion rc.) sind dabei charakteristisch.

An den Mond.

Füllest wieder Busch und Thal, still, mit Nebelglanz; losest endlich mir
einmal meine Seele ganz l Breitest über mein Gefild liebend deincn Blick,
wie des Freundes Auge mild über mein Geschick. Rausche, Flutz, das Thal
entlang, ohne Rast und Ruh; rausche, flüstre meinem Sang Melodien zu; selig
wer sich vor der Welt ohne Haß verschließt, einen Freund am Buscn hält und
mit dem genießt, was von Menschen nicht gewußt oder nicht bcdacht, durch
das Labyrinth der Brust wandelt in der Nacht.

?Lied des Fischerknaben.

Es lächelt der See, er ladet zum Bade; der Knabe schlief ein am grünen
Gestade. Da hört' er ein Klingen wie Flöten so süß, wie Stiminen der Engel
im Paradies! Und als er erwachte in seliger Lust, da spülten die Wasser um
seine Brust, und es rief eine Stimme: „Lieb' Knab', du bist mein!" Jch lockc
den Schläfer, ich zieh' ihn herein . . . Darüber steht: (Friedrich von Schiller).
„Um seine Brust", „eine Stimme", die unschönen Jmperfekte, das dilcttantenhaft-
holprige „Lieb' Knab', du bist", solche Sünden einem Schiller in die Schuhe
zu schieben und mit den höchsten geistigen Gütern der Deutschen so umzugehen
— ja, geht das nicht über die Grenzen ides Erlaubten? Und dann anstatt
still zu sein und derartige unangenehme Thatsachcn vielleicht in Zukunft durch
gutelThatenssvergessen zu machen, erklärt sich er, der mit den größtcn Künstlcrn
der Deutschen so umgegangen ist, für beleidigt durch eine entschiedene, aber
sachliche Zurechtweisung! Mir scheint, daß die nunmehrige genaucre Darstcllung
dieISchätzung seiner künstlerischen Leistungen noch erheblich vermindert haben
dürfte. DerlganzejFalllaber hat hoffentlich wenigstens die eine gute Folge,
die^allzu selbstherrlichen Nachbeter eineü mißverstandencn Wagnerianismus und
die jungen Kunstnovizen, denen nichts heilig ist als ihre „Stimmung", wieder
an die Pflicht der Ehrfurcht vor Schöpfungen der „reinliterarischen", d. h.
„nicht musikalisch wissenden Dichter" zu erinnern. Georg Göhler.

I^ose Vlätter.

-lus 6rabbe8 Merken.

Vorbemerkung. Unsre Leser hören aus Bartels Aufsatz über Grabbe
eine Meinung sprechen, die ihnen neu und überraschend sein und die ab-
zulehnen vielleicht die Mehrzahl von ihnen geneigt sein wird. Mit dcn nach-
folgenden Stücken, die anerkanntermaßen zu Grabbes allerbcsten gchören, unter-
breiten wir ihnen gleichsam Aktenmaterial zur Nachprüfung. Wer sie mit dem
Besten von Hebbel 'oder Ludwig vergleicht, der wird sich selbcr ein Urteil
darüber bilden, ob es richtig ist, Grabbe mit jenen beiden als daS drittc großc
dramatische Genie der nachklassischen Zeit zu betrachtcn. Selber zu prüfcn,
selber zu vergleichen, das ist es, worum wir hier wie immer die Frcundc
bitten möchten.

Runstwart

280
 
Annotationen