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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 14 (2. Aprilheft 1905)
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Schultze-Naumburg, Paul: Zur Baukunst von heute
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0102

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Hohlraum reiu uls Zierat aus der Schulter wächst. Jch gebe zu,
das sind die Narrenhausauswüchse unseres heutigen Bauens. Man
wird aber auch mir zugeben müssen, daß diese Auswüchse nur charak-
teristisch für dies Bauen selber sind.

Die letzte Abbildung zeigt eine Bauunart, die heute geradezu
Mode geworden ist: auf einen Giebel einen zweiten kleineren als
Attrappe aufzukleben. Selbst wenn der kleinere Giebel als wirklicher
Risalit kräftig herausgehoben unü durchgeführt sein würde, sollte man
doch einen solchen Pleonasmus eher meiden als suchen. Aber in den
hier gemeinten Fällen im Sinne unseres Beispiels ist der kleinere
Giebel auch nicht im mindesten von innen heraus berechtigt, er rc-
präsentiert lediglich jenes sinnlose Spielen mit „Motiven", die unsere
Erziehung in den Bauschulen großgezogen hat.

paul Schultze-Naunrburg

,,)Isrnu« Kernpers IugencUanä" von Otio brnsl

Vorbemerkung. „Ein entzückendes Buch" schreibt die Verlags-
handlung L. Staackmann in Leipzig über den Prospekt — und diesmal
wollen wir nicht rechten: es ist wirklich „ein entzückendes Bnch".
Die „Wärme", an die wir wiederholt jene erinnerten, die zumal an
den neueren Bühnenstücken Ernsts immer wieder allein auf dis Mängel
und Auswüchse hinwiesen, diese Wärme von innen her, die ein zu wohliges
und zu seltenes Gut ist, als daß wir uns ihrer nicht freuen sollten,
selbst wo sie nur gelegentlich zwischen Mißlungenem hervorkommt, durch
dieses ganze Buch hier strahlt sie von vorn bis hinten rein. Es bringt also
die Geschichte eines Kindes, und irren wir nicht, so hat der Junge,
den wic da von der Geburt in der armen Zigarrenarbeiterstube bis zum
Eintritt ins Lehrerseminar begleiten, im Leben nicht Asmns Semper, sondern
Otto Ernst Schmidt geheißen — jedenfalls ist so viel des im besten Sinne
Jntimen darin, daß der kleine Schmidt sicherlich im Semper steckt. Wir
haben manchs gute Kindheitsschilderung im Deutschen, auch noch bessere als
diese, denn wir haben ja welche selbst von Goethe, Keller und Hebbel, aber
seit Jahrzehnten haben wir keine neue erhalten, die ebenso gut wäre. Vor
allem: so gemütswarm sie ist, sie ist nicht im mindesten sentimental;
der das geschrieben hat, sühlt noch heute ganz genau, wie es in einem
zwar bitterarmen, aber auch kerngesunden Jungen ausschaut. Dann:
es ist alleL hübsch realistisch, hübsch wirklichkeitsgemäß, es ist z. B. nicht
verheimlicht, daß dieser Asmus ein eitles und schleckeriges Bürschlein ist,
doch ist es ja noch niemals zum Gernhaben hinderlich gewesen, wenn
einem um seine Knochen richtiges Menschenfleisch wuchs. Brauch ich eincn
weitern ständigen Gast bei solchen Eigenschaften erst zu nennen? Wo Gemüt,
Gesundheir nnd Wirklichkeitssinn zusammenhausen, ist ja ganz selbstverständ-
lich Bruder Humor als Vierter am Tisch. Also — weiterer Vorrede bedarf's
nicht. Und so wollen wir nun dem Otto Ernst selber zuhören, wie er
uns von da nnd dorther ein paar Stücke Asmussischer Jugend erzählt.

2. Axrilhest IL05

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