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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 15 (1. Maiheft 1905)
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Gregori, Ferdinand: Schiller und die Bühne von heute
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Batka, Richard: Schiller und die Musik
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0168

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um langweilig zu wirken, so hai eiu Franzose gesagt, ist: alles aus-
zuplaudern. Jn diesen Fehler verfallen oft unsre reichen Theater,
wenn sie Schillersche Stücke ausstatten und wenn ihre Ausstattungen
„über das Gespräch hinausschreien". Aus dieser Beobachtung kann
das kleinste Theater Lebensmut und Unternehmungslust ziehen. Den
Vierwaldstättersee so realistisch auszuführen, daß man über die Technik
der Maschinerie staunt und nicht mehr an die Sorgen der Menschen
denkt, die an seinem Ufer klagen, bitten, abweisen und helfen, liegt
nicht im Willen Schillers. Ebensowenig aber soll ein Fetzen zappelnder
grüner Leinwand als Seeprospekt aufgehängt werden; weil das zum
Lachen auffordert. Es genügt hier, mit Verdunkelung und Douner zu
wirken.

Jm Anfang war das Wort, sei der Sinnspruch der Regisseure,
denen wohl Schauspieler, aber keine Geldmittel zu gebote stehen. Sie
sollen Erzieher sein zur Heilighaltung des Dichterwortes und das übrige
dem Genie überlassen, das wie kein zweites seit der ersten „Räuber"-
Aufführung sort und fort die zersplitterte deutsch sprechende Welt
in brausendem Jubel vereinigt hat. Schiller hat recht eigentlich mit
dem Zauberstabe unser Jnnerstes, verschwiegen Gemeinsames berührt,
und leuchtende, wärmende Feuer schlugen aus unsrer Brust. Er war
der ruhende Pol, zu dem es uns, die Schauspieler, zog, wenn wir
des Gestammels der Straße überdrüssig wurden; und ob auch die
Freiheit, die er brachte, im Reich der Träume lebte, wir wissen doch,
daß wir nichts träumen, als was in Wahrheit uns und der Welt
zu eigen ist. Ferdinand Gregori

8ckil1er uncl clie j^usik

Richard Wagner macht in einem Briefe an Frau Wesendonck die
Bemerkung, daß nnsern Großen von Weimar zur Vollendung ihrer
Kunst- und Weltanschauung ein lebendiges Verhältnis zur Musik ge-
mangelt habe. Das ist sehr richtig und kennzeichnend. Eine gewisse
Sehnsucht nach dem musikalischen Element, eine gewisse Empfäng-
lichkeit für seine Wirkungen, ja gelegentlich sogar ein feines Urteils-
vermögen, wo es sich um die Wechselbeziehungen von Musik und
Dichtung handelt, wird man den Weimaranern gewiß nicht absprechen
können. Aber als eine unentbehrliche, ihr ganzes Wesen durchdrin-
gende und mitbestimmende geistige Macht ist ihnen die Musik niemals
bewußt geworden. Auch Schiller bestätigt diese allgemeine Beobachtung,
obwohl er der Anlage, nicht der Bildung nach, vielleicht der Musi-
kalischste des ganzen Kreises war. Zwar nannte er sich sehr zutreffend
„einen vollkommenen Laien in der Tonkunst", aber das verwehrte
ihm nicht, bisweilen überraschende Blicke z. B. in das Dionysische
ihres Wesens zu tun, da sie „der dunklen Gefühle Gewalt" erregt,
oder „die Seele nur ausspricht" uud uns „zum höchsten Schönem"
emporträgt. Zwei Musiker, Zumsteeg und Streicher, zählten zu Schil-
lers Stuttgarter Freunden, und der letztere berichtet, daß Schiller
„durch Anhören tranriger oder lebhafter Musik außer sich selbst versetzt
wurde und daß es nichts weniger als viele Kunst erforderte, durch
passendes Spiel auf dem Klavier alle Affekte in ihm aufzureizen".

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