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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 18,2.1905

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Heft 22 (2. Augustheft 1905)
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Moeller van den Bruck, Arthur: Die Überschätzung französischer Kunst in Deutschland
DOI Artikel:
Hagemann, Carl: Aufgaben des modernen Theaters, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.11879#0580

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Es dürfte wenigstens schwer sein, in Paris zehn Franzosen zusammen-
zubringen, die von Liliencron den Namen wissen, geschweige denn,
daß sie eine richtige Vorstellung mit diesem Namen verbänden. Jn
Berlin aber dürste es zehntausend Deutsche geben, die von Verlaine
zum mindesten schon gehört, und hundert Lyriker darunter, die sich
schon daran versucht haben, etwas von ihm zu verdeutschen! Sicherlich
werden wir reicher dadurch und die Franzosen ärmer: nur bleiben
wir nicht bei einem Verläine stehen, sondern machen womöglich noch
manchen Franzosen — wie es das Beispiel Maeterlincks zeigt — in
Deutschland berühmter, als in Frankreich selbst, und geben Talenten
und Talmitalenten die Gloriole der Genialität, was den eigenen Lands-
leuten noch nicht einmal beikommt.

So ist das Austanschvcrhältnis deutscher und französischer Kunst
von Deutschland aus unsinnig. Wir sollten uns angewöhnen, den
Franzosen weniger auf Kunstgrisfe zu sehen, die uns auf die Dauer
doch nicht viel sein können. Wir sollten ihnen eher das Beispiel nach-
ahmen, das sie in dieser Beziehung selber geben, sollten uns mehr
mit nns selber begnügen, uns mehr auf uns selber verlassen. Wenn
wir aber aus uns herausgehen, dann sollten wir das Beste vom
Fremden suchen, das Beste allein, denn nur dieses kann uns sördern
und einer Universalität zuführen, die fest in sich selbst ruht. Jm
übrigen aber — ist es geschmacklos, den Geschmack eines anderen
Volkes zu haben. Moeller van den Bruck

Aufgaben cies rnoäernen ^lksatsrs L

Wenn man heute Gespräche über unser Theater anhört, so
stößt man meist aus zwei sehr extreme Urteile ganz entgegengesetzter
Art, die von ihren Trägern stets leidenschaftlich hochgehalten werden.
Die einen pflegen das Theater schlechtweg zu verdammen und eine
ernsthaste Diskussion darüber kurz von der Hand zu weisen, wobei
sie auf den künstlerisch so durchaus minderwertigen Theaterbetrieb
hinweisen. Eine ganze Anzahl, darunter unsere erlesensten Geister,
betreten niemals oder doch nur zu ganz besonderen Anlässen das
Theater. Jch kenne manche Freunde ües deutschen Musikdram-as,
die sich Wagners Werke nur in Bayreuth ansehen. Die anderen da-
gegen glauben fest an die große Bedeutung des heutigen Theaters.
Sie übersehen in ihrer fanatischen Liebe die greifbaren organisatorischen
und ästhetisch-ethischen Mängel und lassen sich täglich durch den meist
recht uninteressierten Gleichmut der ihrer hohen Aufgabe keineswegs
gewachsenen durchschnittlichen Tageskritik suggerieren, daß es mit
dem Theater doch ganz gut bestellt sei. Sie sind mit dem Redakteur
vieler Hauptstüdtischer Blütter, der ihnen jeden Abend einen reichlich
dotierten Theaterteil oder genauer: Theater-Klatschteil darbietet, der
Ansicht, daß man im Theater unsere vornehmste Kunststätte zu er-
blicken habe. Beide Parteien — Gegner und Freunde — sind hier
meines Erachtens im Unrecht. Das moderne Theater ist gewiß
nicht der Kulturmittelpunkt, als den es sich ausgibt, es ist aber auch
kein Jnstitut, meine ich, dessen sich der Kulturmensch zu schämen
brauchte, dem er sich fern halten müßte. Das Theater ift in seinen

508 Runstwart XVIII, 22
 
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