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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 2.1888-1889

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Kirchbach, Wolfgang: Was ist Hellmalerei?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11724#0183

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12. Ltück.

Lrscbcint

Derausgeber:

zferdinand Nvenarins.

KcsreHprcis:
vierteljährlich 21/2 Mark.
Anzeigen: 3 gesp. Nonp.-Zeile 40 ssf.

2. Z-ibrg.

Mus ist Dellmulerei?

^n einem wunderlichen Flngschriftchen, das
anch iin „Runstwart" besprochen worden ist,
^s-ist folgender L>atz zu lesen: „Ghne Zweifel
^ist die Lsellmalerei die einzig berechtigte für
unsere Zeit, denn keine ist so wie sie aus dem Lharakter
zeitgenössischen Geistes heransgeboren, keine verkörpert
und vergeistigt wie sie das moderne Ningen nach
wahrheit, Licht, k^elligkeit, Aufrichtigkeit, Freiheit, das
allgemeine ^treben bis in die tiefsten winkel des
Daseinsgeheimnisses zu dringen."

Arme Nialer von Mondscheinlandschaften und
Nachtbildern, was soll aus euch werden, wenn die
kVahrheit gar so entsetzlich hell und die „tiessten
winkel des Daseinsgeheimnisses" gar so licht sind! —

Bei Gelegenheit der letzten großen Niünchener
Runstausstellung schrieb auch N. Nüither über Nnnst.
Zm dreizehnten seiner Berichte (N'iünchener Neueste
Nachrichten), in einer Besprechnng der Holländer und
Belgier, gestattete er sich über Zsraels reizendes Bild
„dieNähschule" eine hochmerkwürdigeBelehrung. Dieses
Bild ist durchaus im Tone der Zimmerdämmerung
gehalten, ein „schummriges", graues, mattes, glanz-
loses, unbestimmtes Licht waltet in dem Naume: es
ist ganz das, was man in srüheren Zeiten ein clnir-
odscnr, ein Lselldunkel, ksalbdunkel genannt haben
würde. Darüber schreibt nun !Nnther: „Nicht minder
findet sich in der »Nähschule«, einem älteren werke,
das aus der Sammlung Forbes' für die Ausstellung
überlassen wurde, schon das ganze jDrogramm der
neuen Nichtung vorgezeichnet: Die schlichte LVieder-
gabe der Lharaktere ohne einseitige Bevorzugung des
Häßlichen und das seinste Vleiu-uir, das doch
nicht aufdringlich wirkt, sondern nur der malerische
Ausdruck der Stimmung sein will." N)ie verschieden
die Ansichten sind! Nluther findet Freilicht im ehemals

sogenannten bsalbdunkel; der Andere hielt die „Wahr-
heit" für sehr „hell." --

Aus besagter Ausstellung erlebte ich es erstaunlich
ost, daß große Rnnstkenner — oder solche, die es
werden wollen — vor sedem Bilde stehen blieben,
das einen gewissen grießlichen, pappigen Anstrich des
Farbenauftrags auswies. N'tan zog die Augen ge-
heimnisvoll in die Lsöhe, sah sich bedeutungsvoll an
und sagte gelassen: klein-uir!

Leider war es auch wieder kein „klein-uir", sondern
es waren nur Bilder, welche mit Nreide untergrundet
waren, wie das die Franzosen und ^olländer in den
letzten Zahrzehnten vorwiegend thun. Die Bilder er-
halten ein trockenes, mehliges Aussehen dadurch; das
Gel koinmt nicht zu jener setten, vollsaftigen LVirkung,
welche es eigentlich von Nechtswegen erzeugen sollte;
sondern eine Art trockenen Staubes scheint die eigent-
liche Lebenskraft der Gelfarbe zu dämpsen. Die
Rünstler wenden nichsdestoweniger das Versahren
gern an, aus Grüuden der Lsaltbarkeit; ob indessen
die innere Leuchtkraft der Glsarbe, das eigeutliche
wunderbare j)hosphoresziren derselben, welches z. B.
auch dem menschlichen Fleisch anhastet und durch die
Glfarbeu wiedergegeben werden kann, dadurch gewinnt,
ist eine andere Frage.

Zedensalls ist das Verfahren wenig geeignet, eine
so recht üppige, vollsaftige Luft- und Lichtempfindung
im Beschauer wachzurusen. <Ls waren aber aus der
letzten Münchener Runstausstellung unverhältnismäßig
viel Bilder, welche diese Nkalzurichtung auswiesen.
Die selbstoerständliche Folge war, daß unsere Tages-
schreiber und Nunstberichterstatter wie ein Nkann die
Loosung ausgaben: vollständiger Sieg des „?Iein-uir"!
Diejenigen, welche aus deutsche worte halten, riefen:
^ellmalerei, Freilichtmalerei! Sieg! Äeg! Line neue
Nunst, eine moderne Nunst! Und sie gingen in die

Der Nachdruck von längeren wie kürzeren Beiträgen des „Aunsiwarts" ist vom verlage nur unter deutltcher Puellenangabe gestattet.


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