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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

DOI Heft:
Heft 14 (2. Aprilheft 1907)
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Avenarius, Ferdinand: Kopien
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Weber, Leopold: Ein Verschollener: Hans, Graf von Beltheim, der Dramatiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0083

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beschaffen ließen, daß hier die Künstler erst gesucht, vielleicht erzogen
werdeu müßten. Aber Eile täte ja auch nicht not, wenn nur gute
Gelegenheiten benutzt würden.

Die Versuchung liegt nahe, für ein Kopien-Museum in Berlin
zu sprechen, das nach nnd nach die größten Schöpfungen der Malerei,
gewissermaßen als eine „Tribuna" aus allen „Tribunen" oder als ein
„8a,1ou gnai-rtz" aus allen „8a1on8 guarro^" der Welt an der Spree
versammelte. Oder den Vorschlag zu machen: HLngt, wo ihr große
Meisterwerke im Originale besitzt, andre Hauptwerke desselben Meisters
in Kopien daneben und erleichtert so mit dem Vergleich der einzelnen
Werke auch den Vergleich zwischen Originalen und Kopien als solchen.
Man denkt jetzt an eine Trennung in Schau- und Lehrsammlungen,
vielleicht hilft sie, Meisterkopien nach Meisterschöpfungen die Wohnung
zu rüsten. Ich verzichte auf Vorschlage, weil ich weiß, daß die
Frage der Ausführung dieser Anregung von vielerlei abhängt
und noch nicht spruchreis ist. Ich verzichte auch auf eine Lrörterung,
inwieweit Schöpfungen moderner Meister berücksichtigt werden soll-
ten. Ich bitte zunächst nur darum, daß die Frage der Kopien in
öffentlichen Sammlungen wieder einmal von den Berufenen ösfent-
lich erörtert werde unter Berücksichtigung dessen, was uns die letzten
Iahre in Sachen der Kunstpflege gelehrt haben. A

Ein Verschollener: Hans, Graf von VelLheim,
der DramaLiker

Vor einem halben Iahre bekam ich ein dramatisches Manuskript
zugeschickt mit der Bitte, zu prüfen, ob ich an dem offenbaren Erst-
lingswerke nicht doch Spuren einer stärkeren Begabung finden könnte.
Nicht ohne einiges Seufzen des schwachen Fleisches nahm ich die
Sendung zur Hand, denn unsereiner erwartet ja schließlich in den
reichlich eintreffenden tzandschristen kaum mehr, als unsre arme ge-
plagte deutsche Sprache allein, wie sie immer wieder für die Poeten
selber dichtet und denkt. Der erste Eindruck war denn auch hier:
dröhnendes Lpigonentum. Der erste flüchtige Eindruck aber nur,
denn aus den bewegten Fluten des Äberkommenen sah ich gleich da-
rauf scharf und kühn doch auch Gesichte eigenen Fühlens auftauchen.
Ia, mehr als Einzelgefühle, mehr als plötzliche Eingebungen des
Augenblicks: bald glaubte ich hier bei allem Anfängertum in der
Ausführung einen Charakter zu erkennen, der sich seine Eindrücke
aus seinem Lrleben, nicht aus Stubenphantasien zusammenstellt, und
einen geistigen Willen zu spüren, der sich aus diesen Eindrücken ein
einheitliches Weltbild zu erarbeiten trachtet. Grade das also, was
unsrer Zeit aufs dringendste not tut: denn nicht an Begabungen
fehlt es uns wahrlich — wann überhaupt ließe es der Reich-
tum der Natur daran fehlen! — wohl aber an den Mannes-
eigenschasten, die das natürliche Vermögen erst gliedern und erheben
zum höheren Können der Kunst, an der schöpferischen Selbstzucht,
die nicht bloß die Launen zufälliger Eigenart spiegelt, sondern auch
den fruchtbaren Kern einer Persönlichkeit bietet mit dem Streben
nach Freiheit, d. h. nach Herrschast über sich selbst und seine Welt.

so Kunstwart XX, ^
 
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