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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

DOI Heft:
Heft 14 (2. Aprilheft 1907)
DOI Artikel:
Weber, Leopold: Ein Verschollener: Hans, Graf von Beltheim, der Dramatiker
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Das Kaiserliche Volks-Liederbuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0093

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noch gedacht. So wenig ist's sie, daß sie nicht nur die Bühnen-
möglichkeit, sondern auch die äußere Lebenswahrscheinlichkeit in den
längsten zusammenhängenden Erzählungen mißachtet. Auch den
inneren Realismus des Werkes festzuhalten und zu entfalten ge-
lingt Veltheim nicht immer. And selbst in dieser seiner reifsten
Arbeit läßt er deutlich den Linsluß größerer und stärkerer Dichter
spüren. Dennoch atmet in all seinen Dichtungen, was ihn für
mein Empfinden von bloßem begabten Epigonentume trennt und
ihn fähig und wert macht, mit seinem Besten weiterzuleben. Der
stolze „Menschheitssinn", den er zeigt, wenn es ihm gelingt, sich
über die Wirrnisse seines Innern siegreich zu erheben, die geistige
Bedeutung und das dichterische Vermögen, das seine Werke bei allen
ästhetischen Mängeln osfenbaren, sie sind kein so häufiges Gut unter
uns, scheint mir, daß wir achtlos an ihnen vorübergehen dürften,
weil diese Eigenschaften nicht zu der vollendeten Freiheit heran-
gereift sind, auf die ihr inneres Wesen hinweist.

Gräfin Sigrid Schulenburg hat den Verschollenen von neuem
gefunden und hat es ermöglicht, sein letztes Werk „End und An--
fang", das wie die übrigen aus dem Buchhandel verschwunden war,
neu herauszugeben. Die „Losen Blätter" bringen einige zusammen-
hängende Stücke aus der Tragödie.

München Leopold Weber

Das Kaiserliche Volks-Liederbuch

Als vor einigen Iahren der Deutsche Kaiser in Frankfurt die Rede
über den Männer-Gesang gehalten hatte, war es notwendig, auf die
verfchiedenen grundsätzlichen Irrtümer in dieser Rede und auf die mit
vielem Gepränge inszenierten Wettsingen mit einigen deutlichen
Worten einzugehen. Im Prinzip waren sich wohl alle Musiker,
soweit sie fich nicht zum bestellten Apparat gehörig und darum ge--
bunden im Rrteilen fühlten, darüber einig, daß der Kaiser als auf
diesem Gebiete nicht genügend unterrichteter Dilettant durch die kate-
gorischen Urteile seiner Rede hier ziemlichen Schaden stiften könnte,
wenn nicht durch die sachliche Behandlung der Frage von seiten
maßgebender Fachleute vorgebeugt würde.

Es ist zum Glück auch bei dieser, Rede gegangen, wie bei so
und so vielen anderen: man braucht die vom Augenblick veran-
laßten Entgleisungen nur nicht tragisch zu nehmen — und alles
ist wieder gut. Zunächst gab's den üblichen Widerhall und dann
ging die Welt ihren Lauf weiter, wie sie's auch ohne Reden und
Anfprachen getan HLtte.

Nur ein Satz hatte eine positive Folge, wenn auch eine andere,
als zu erwarten war. Der Deutsche Kaiser wünschte statt der kom-
plizierten Kunst-Gesänge Pflege des Volksliedes. Es mußte ihm dar-
auf entgegnet werden, daß die deutschen MLnnerchöre bereits ohne
seine Anregung das Volkslied fehr pflegten, daß er aber Volkslieder
nicht bei einem Preissingen zu hören bekommen könne, wie's auf
seine Anregung hin inszeniert wurde. Trotzdem: der Kaiser wollte
eine Volksliedersammlung für Männerchöre veranftalten lassen, um

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