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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1907)
DOI Artikel:
Fuchs, Caspar Friedrich: Heimatschutz und Wohnungsfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0157

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Iahrg.20 Erstes Maiheft 1907 Heft 15

Heimatschutz und Wohnungsfrage

Kunst und Wirtschaft — ein ewiger tiefer Abgrund scheint
zwischen beiden zu klaffen: dort das naive, dern Gemüt und der
Phantasie entspringende Schaffen zur Ausprägung eines idealen vor-
! schwebenden Schönheitsgedankens, hier die im Verstand wurzelnde,
berechnende Beschaffung der Güter zur Befriedigung vor allem der
materiellen Bedürfnisse des menschlichen Lebens mit den möglichst
billigen Mitteln. Wohl muß auch der Kunst in ihrer Betätigung
sich immer Berechnung gesellen, absr das ist dann zunächst nur die
der Technik — das Streben nach absolut vollkommenster Erreichung
eines mechanischen Zweckes, also ohne Rücksicht auf die Kosten, die
bei der Wirtschaft immer der entscheidende Regulator sind. Und doch
muß dieser scheinbar diametrale Gegensatz überbrückt, in einer höheren
Einheit aufgelöst werden. Diese höhere Einheit ist die nationale Kultur.
Ihr dient ebenso wie die Kunst auch die Wirtschaft, nicht die Privat--
wirtschaft, wohl aber die Volkswirtschaft.

Was so von Kunst und Wirtschaft ganz im allgemeinen gilt, das
muß nun auch gelten von den Teilfragen der beiden: tzeimatschutz
und Wohnungsfrage. Sie sind Teilfragen der beiden Gebiete, denn
dort handelt es sich um ErhalLung der natürlichen und künstlerischen
Kultur der cheimat, hier um Befriedigung eines der wichtigsten mate-
riellen Bedürfnisse, das zugleich Grundlage aller sittlichen und ästhe-
tischen Kultur ist. Schon daraus geht die Notwendigkeit, beide in
tzarmoniL zu bringen, zur Gsnüge hervor.

G

Nun ist die Wohnungsfrage aber keineswegs nur ein Problem
der Wirtschaft, sondern auch ein solches der Hygiene, der Technik
und der Verwaltung, und wir werden sehen, daß es sich bei Interessen-
konflikten zwischen ihr und dem Heimatschutz zum Teil gar nicht um
wirtschastliche Fragen, gar nicht um den Gegensatz zwischen Kunst
und Wirtschaft, sondern um den zwischen Kunst und Hygiene, Technik
und Verwaltung handelt.

Dies gilt vor allem von dem ersten Gebiet, auf dem ein Konflikt
zwischen Heimatschutz und Wohnungsfrage entstehen kann: den Be-
stimmungen der Bauordnungen und Polizeigesetze und besonderer
Wohnungsgesetze oder Wohnungsverordnungen über die Mindestanfor-
derungen an die von Menschen benützten Wohnräume. Hierher ge-
hören insbssondere die Bestimmungen über sanitäre, den Grundsätzen
der Gesundheitspflege entsprechende Gestaltung der Häuser im allge-
meinen und namentlich die Mindestforderungen in bezug auf Luft-
raum und Belichtung und besonders Höhe und Belichtung der Zimmer.
Diese Forderungen können unter Umständen so wichtig, die bestehen-
den, ihnen widersprechenden Zustände so unhaltbar gesundheitswidrig
sein, daß nur ganz radikale Maßregeln wie die Beseitigung ganzer
Straßen, eines ganzen Quartiers für ausreichend erachtet werden —

l. Maiheft 'LO? 121
 
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