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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

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Heft 15 (1. Maiheft 1907)
DOI Artikel:
Niemann, Walter: Wohin steuert die Musikwissenschaft?
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Avenarius, Ferdinand: Peter Philippi
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0174

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leiten. Stande es nicht so jammervoll um das moderne Zeitungs--
wesen, dem geistige Bedeutung und Unabhangigkeit unangenehm ist,
das ein freies Wort nur dann duldet, wenn „man damit nicht an-
stößt", dann wäre das wichtigste Arbeitsfeld für den jungen Musik-
wissenschaftler schon längst gewonnen, dann würden es alle größeren
Tageszeitungen schon längst als eine Ehrensache betrachten, sich solche
Kräfte zu sichern. Es muß aber zugegeben werden, daß die Lrkennt-
nis von der kulturellen Bedeutung einer vorzüglichen und unab-
hängigen Kunstkritik denn doch, wenigstens bei den führenden großen
Tageszeitungen in die Tat umgesetzt wurde. Nur bedarf sie noch
viel allgemeinerer Anerkennung.

Die Musikwissenschast kann also praktische Ziele haben, sobald
sie die haben will. Die Verbreitung musikalischen Wissens in weite,
aus Beruf oder Neigung künstlerische Kreise hat sie aus den ange-
gebenen Gründen, in der Hauptsache, weil sie den Zusammenhang
mit jenen Kreisen gänzlich verloren hat, in keiner Weise erfüllt. Die
Verbreitung musikalischen Vielwissens dagegen innerhalb ihrer
eignen engen Kreise hat sie so gründlich besorgt, daß sie heute unter
jene „Nniversitätswissenschasten" zählt, die von Lingeweihten nur
sür Eingeweihte betrieben werden. So wie ihre meisten Vertreter
heute ihre Ziele und Zwecke aufsassen, paßt aus sie jenes Hebbelsche Epi-
gramm, das in unsruchtbarer Analytik den eignen Todeskeim einer
solchen Wissenschaft sieht:

„Fangt ihm den Adler, er wird ihn zerlegen wie keiner, doch leider
Sieht er den hölzernen ost für den lebendigen an."

Hamburg Walter Niemann

Peter Philippi

Wer ist Peter Philippi? Ia, so werden heute noch viele fragen.
Die Maler haben es zwar in einer Weise besser als die Poeten:
man sieht ihre Werke selber aus den Ausstellungen, nicht bloß die
Rahmen, während man von den neuen Gedichten in den Schau-
senstern nur die Einbände sieht, — jedoch in einer andern schlechter:
wie ein Bild gemalt ist, das kann man so recht nur am Original-
werk genießen, und das ist immer nur eines und ist also nur an
einer Stelle zu sinden. Heute aber sragt die Welt, soweit sie sich
mit „so was" beschäftigt, immer zunächst: wie ist das Bild gemalt?
und danach schätzt sie ein. Kann sie weder mit „gut" antworten
noch mit „schlecht", nun, so gilt der Mann eben vorläusig nichts.
Philippi hat nur wenige Bilder gemalt, weil er alle mit aller-
größter Sorgfalt durchsührt. Folge davon: in den „weiteren Kreisen"
hat man von ihm überhaupt noch wenig gesehen und somit noch gar
nicht Stellung genommen.

In den engeren schon. Die rheinischen Kunstfreunde schätzen
diesen Düsseldorser Maler auch als Maler im eigentlichen Sinne,
will sagen: als einen, der mit Pinsel und Farbe aus der Fläche
Werte erzeugt, die das Auge als Auge ersreuen. Philippi hat selbst
darüber gesprochen, was er als Maler zu leisten glaubt. „Ein sicherer
und delikater Vortrag repräsentiert einen entschiedenen ästhetischen

138 Kunstwart XX, 15
 
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