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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

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Heft 17 (1. Juniheft 1907)
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Lamprecht, K.: Beethoven, [2]
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Steppes, Edmund: Zum Kampf um die Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0304

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erlebt und tönend ofsenbart in der Neunten Symphonie. Denn die
Erlösung zur Freude ist der bewegende Grundgedanke dieses Kathe»
dralbaues unter den symphonischen Werken der letzten Iahrhunderte:
zur Freude nicht im Dienste der Sinnlichkeit, nicht im lustvollen Aus--
ruhen griechischer Religion in Gott, sondern zur Freude schöpferischen
Wirkens. In ihr wird die Welt dereinst siegen, in ihr der Mensch
erhöht werden über den Iammer der Vergangenheit, in ihr sich die
Menschheit verbrüdern zu einer einzigen Humanität und einem Ge-
danken Gottes. —

Bei aller Tragik seines Lebens darf Beethoven doch wahrlich
glücklich gepriesen werden. Denn er hat sich vollenden dürsen. Mochte
er auch noch eine zehnte Symphonie und andere Dinge planen:
in der Neunten hat er als in einem klaren Testament der Nachwelt
vermacht, was er ihr sein konnte. Und wer sieht nicht, daß er mit
seiner Philosophie der Freude, wie schon Schiller und Goethe in
anderer Art, die Brücke schlägt von der ersten Periode des Sub-
jektivismus zur zweiten: zu Richard Wagner und seiner Regenerations-
lehre, zu den Ahnungen schon Ludwigs und tzebbels und zu der
halsstarrigen Gewißheitslehre vom Äbermenschen Nietzsches? Ienes
Sehnen nach einer neuen Sittlichkeit und nach einem neuen Glauben
war in ihm, wie es die volle Entfaltung des Subjektivismus einmal
zu befriedigen bestimmt ist: einer der Frühesten war er, der da die
Augen aufhob zu den neuen Bergen, von denen die Hilfe kommen
soll; und so werden seine Melodien die Menschheit auf ihrem Pil-
grimszuge zu diesen Bergen begleiten, bis sie dem Triumphliede
weichen werden, daß der Gipsel erreicht sei.

Leipzig Karl Lamprecht

Zum Kampf um die Malerei

Zur Zeit wird der Impressionismus viel verteidigt. Lr mag
dies nötig haben oder nicht: gewiß ist, daß man dabei vieles Wichtige
zu besprechen vergaß. Ich will hier den Versuch machen, einige solche
Fragen so kurz wie möglich zu berühren. Ich nehme dabei an, daß
es unter den impressionistischen Künstlern ungefähr gleichviel „An-
würdige" (Anekdötchenmaler in Figur und Landschast) gibt, wie unter
den Künstlern anderer Anschauung.

Zur Handhabung der Darstellungsmittel. Impres-
sionistische Bilder zeigen sehr selten klare reine Farben, selten klar
gezeichnete Formen, sie zeigen dagegen meist schwache Raumvertiefung;
deckfarbigen, dicken Farbauftrag. Diese durch den ganzen Impres-
sionismus durchgehende Ligenart hängt wohl damit zusammen, daß
der Impressionismus den Gebrauch der transparenten Farben nicht
kennt oder ausschließt. Mit den bekannten, ost zu Hörenden Worten:
„Ich glaube gar, das Schwein lasiert", geben viele seiner Anhänger
das selbst zu. Mit der Ausscheidung der transparenten (Lasur-)
Farben aus der Malerei gibt der Maler die eine Hälfte seiner Dar-
stellungsmittel preis. — Der Impressionismus vergißt, daß es licht-
absorbierende und lichtreslektierende Farbcharaktere gibt; er weiß
demnach nicht, daß mit einem Lasurgrund und einer einzigen Deck-

j. Iunihest t907 25^
 
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