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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 20,2.1907

DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1907)
DOI Artikel:
Schwindrazheim, Oskar: Wie einer die Schönheit der Kleinstadt fand
DOI Artikel:
Hess, Joseph: Neukatholische Belletristik und konfessionelle Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8626#0653

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echt heimatlich anmutenden fertigen oder geplanten Neubauten, das
kleine Ortsmuseum, die wieder in alter Schönheit hergestellte Kirche,
den malerischen Friedhos mit seinen schönen Anlagen und seinem
schönen Grabschmuck, da sagte er: „Weiß Gott, daß Sie sich als solch
ein wunderkrästiger Zauberer entpuppen könnten, hätt ich nicht ge-
dacht!"

„Der Zauberer waren doch Sie!« erwiderte unser Freund be-
scheiden.

„Bewahre, ich möcht mich noch heut dasür ohrseigen, daß ich
Sie damals so von oben herab behandelte und die Gelegenheit, hier
in Ihnen einen Bundesgenossen in unserm Kamps für volkstümliche
deutsche Kunst zu gewinnen, nicht besser benutzte!"

„Nun denn," sagte unser Freund, „wenn Sie's von sich auch
ablenken, so können wir ja sagen: der Zauberer oder vielmehr die
Zauberin war unsre alte deutsche Kunst selbst, die uns als Werkzeug
benutzt hat!"

Altona OskarSchwindrazheim

NeukaLholische Beüetristik und koufessionelle Kunst

Internationalität und Interkonsessionalität gehören zum Wesen
der Kunst. Nicht zwar so, daß die Kunst sich loslösen solle von natio-
nalen oder religiösen Voraussetzungen; das kann sie in der Regel
überhaupt nicht. Ist die nationale oder religiöse Kunst aber wirk-
lich groß, so ist der Kreis derer, die sie verstehen, nicht durch die
Grenzen eines Vaterlandes oder durch die theologischen und philo-
sophischen Maximen einer Weltanschauung bestimmt. Sie setzt nur
eine bestimmte Kulturhöhe voraus; diese bietet dann von selbst den
Schlüssel zu ihrer inneren Schönheit. Man nehme den Hermes des
Praxiteles, den Moses des Michelangelo, die Sixtina des Rassael,
das Straßburger Münster, den Klingerschen Beethoven, die Farben
Segantinis. Man nehme die Tragödie des Euripides, den Wolsram-
schen Parzival, die Göttliche Komödie des Dante, den Goetheschen Faust.

Die Sixtina wird dem Katholiken natürlich etwas anderes sagen
als dem Protestanten oder dem Pantheisten. Wird sie ihm auch
mehr sagen? Ia, insosern er außer dem künstlerischen auch noch ein
konfessionell religiöses Moment in die Schöpsung hineinträgt oder
aus ihr herausholt. Abgesehen davon aber wird sie dem am meisten
ofsenbaren, der ihr mit der größten künstlerischen Ausnahmefähig-
keit gegenübersteht. Religion und Kunst ist eben zweierlei. Wo die
Konsession scheidet, da kann die Kunst binden, und das wird sie,
wenn sie große Kunst ist. Ls ist nicht ihre Ausgabe, den überzeu-
genden Beweis von dem absoluten Wert des dogmatischen Gehaltes
einer Weltanschauung zu erbringen; das ist Sache der theologischen
Apologie. Wohl aber ist sie in höchstem Maße dazu berufen, Ehr-
furcht und Hochachtung vor dem von ihr verherrlichten religiösen
Moment zu bewirken, mag uns dies innerlich noch so sremd sein.
Man denke z. B. an den düstern Ernst der Kunst von Memphis
und Theben. Das italienische Trecento steht a. xriori dem Katho-

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