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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1912)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0062

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Vom Heute fürs Morgen

Zum Geleit

^^r betete: „In Freude und in Pein
E^^Ein Mensch, o Vnter, gönne mir zu sein.

Nichts-als-Tier, deck es,mit Schleiern
A,nd nimm mein Bessres dann zum Danke du" -
Inbrünstig betet er's, die Stirn am Knie,

Da hob es ihm das Haupt und flüstert': sieh'

And wie er sah, begann ein Schleiergehn,

Ein Formenweben und ein Farbenwehn,

Das Wort ward Sang, das Lärmen ward Getön,
Der Stoff zerrann, und aller Schein ward schön.
Sein Auge trank, — doch sehnend griff die Hand
Da war nur Bild, wo ihn gelockt ein Land!
Er brach zusammen: „Dein Geschenk bleibt tot."
So denke? rauschte ruhsam das Gebot.

Was zeigte sich? Dies Goldgeleucht war Glut,
Dies Grün war Gift und dieses Rot war Blut?
Weh sang den Ton, der ihn so süß berückt,

Fluch goß das Erz, das seinen Sinn entzückt.
Was schön ihm war: an Rädereinerlei
And tausend Kolbenstößen troff's vorbei.

Sein Herz ward bange und sein Hirn ward irr,
Denn nichts erfaßt' es, nichts als ein Gewirr —
Doch wie er schlug sein Haupt am Boden wund:
Hilf? klang es her aus seines Gottes Mund.

And zögernd sncht' zur Wirrnis er den Pfad
And zagend half er am Maschinenrad.

Doch, wie ihm scheu ein Bruderwort erklang —

War das ein Gruß nicht wieder wie von Sang?

Da stampft' es aus den Rädern her ein Merk:

Bist du dabei, wird dir die Wirrnis Werk?

Der Stahl im Rad, der Stahl in eurem Blut,

Maschin' und Mensch, 's ist eines nur an Gut!

Meinst du, mit uns, den neuen Armen, braut
Gedünst die Menschheit? Kärrner du: sie baut?

Du siehst nicht was, doch fühlst du ein Entstehn,

And hilfst du mit, f ü h l st du dein Helfen schön,

And bist du Teil, so fühlst du alles groß —

Da reckt' er sich: „Und sterb ich — ich genoß." A

H6

Kunstwart XXVI, I
 
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