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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1912)
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Avenarius, Ferdinand: Zu den Lehrer-Maßregelungen
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0130

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tun. Und was bei der Stimmung der gebildeten Kreise gegenüber den
Lehrern überhaupt zu bedauern, ist: daß man aus dem Lehrersein noch
immer da und dort ein ungünstiges Vorurteil entnimmt, während man
eher ein günstiges entnehmen sollte.

Ls gibt aber noch einen andern, ganz nüchtern praktischen Grund,
der das Verhalten der Gesellschast gegenüber dem Lehrer bedauern läßt:
es ist im Interesse der nationalen Politik unklug. Die Lehrer-
schaft ist von größtem Einfluß auf die Gesinnung der kommenden Volks-
generation. Ie mehr nun das Selbstbewußtsein der einzelnen Lehrer
wächst (und im Zeitalter des Verkehrs wächst es schon durch die un-
aufhaltsame Verbreitung der freisinnigen und demokratischen Ideen auch
seinerseits unaufhaltsam), je mehr wächst auch die Gefahr, daß zu den
„andern" übergeht, wer sich in seinem besten Kulturbemühen bei den „einen"
nicht gefördert, sondern vielleicht gerade deswegen mißliebig oder gar ge-
maßregelt fühlt. Kommt der Lehrer erst in den Glauben, seine Kulturarbeit
werde bei uns gelähmt, so fühlt er sich von uns weggedrängt, und da der
Mensch hoffen können muß, so hofft er von den andern. Es ist ein Zeichen
für den starken Idealismus der Lehrerschaft, daß sie trotz der gesellschaftlichen
Minderbewertung und trotz der Maßregelungen der nationalen Idee
treu geblieben ist. Man mache ihr nicht gar zu schwer, ihr dauernd
treu zu bleiben.

Auch einfache Klugheit verlangt deshalb, was das Billigkeitsgefühl
und was das Kulturinteresse verlangt: daß sich unsre Gesellschast den
Aberlegenheitsdünkel gegenüber den „strebsamen Schulmeistern" abge-
wöhnt, daß wir den strebenden Lehrer nicht bestenfalls als unsern Anter-
arbeiter, sondern als den empfinden, der er ist: der K u l t u r - V o r p o st e n
im Volk, der uns Wichtigstes mitteilen kann und der wichtige Arbeit
auch unter eigner Verantwortung leistet. Es ist hohe Zeit, daß dem
deutschen Lehrer das Gefühl verschafft wird: hier ist dein Vaterland,
in dem du dich wohlfühlen sollst, weil du als gleicher unter gleichen
in der Reihe der besten an seinem Wohl mitarbeiten kannst, von keinem
anders als nach deiner persönlichen Tüchtigkeit bewertet. Als mit-
verantwortlicher Vürger, nicht als befohlener Antertan. Was an den
Lehrern noch „gebessert" und „erzogen" werden kann, das kann nur im
Austausch der Gedanken, auch im Kampf der Gedanken geschehen, der
die Kräfte stärkt. Die Zeit des Belächelns und Dirigierens der „Schul-
meister" von oben herab ist durch die Entwicklung der allgemeinen An-
gelegenheiten selbst erledigt worden. Der Lehrerstand als solcher jedoch hat
sich seine „Emanzipation" durch seine zum Teil geradezu führenden Leistun-
gen in der Kulturarbeit errungen. A

Lose Blätter

Pandora

von Karl Spitteler

fIch hatte einst, (869, ein „Gleichnis", besser gesagt eine Gleichung
namens Lpimetheus und Prometheus unternommen. Im Laufe der viel-
jährigen Arbeit erlitt der ursprüngliche Plan durch privates Pathos Ver-

98

Kunstwart XXVI, 2
 
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