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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1912)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0191

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Unsre Bilder und Noten

tz^^-nsern Lesern wird es recht sein, Karl Spitteler, den die ältesten
I 8 unter unsern Getreuen nun fünfundzwanzig Iahre aus dem Kunst-
'^^wart kennen, sozusagen körperlich zu sehn. Die für den Dichter höchst
charakteristische Aufnahme hat Rudolf Dührkoop in Hambnrg ge-
macht.

Die kartenspielenden Bäuerinnen von Felice Desclabissac
haben trotz des fremd klingenden Künstlernamens Ausländisches weder
an noch in sich, denn Desclabissac lebt in München, und sie selbst sind
gut dachauerischen Anzuges und Geblüts. Aber die Malweise, die unser
Steindruck zur vollsten Zufriedenheit auch dss Künstlers wiedergibt, ist
nicht im bekannten Sinn dachauerisch, sie geht von ganz andern Absichten
aus als die der Schulen von Dill und Hölzel. Entschiedener Gegensatz
zum Impressionismus, scharfe Zeichnung, kräftige Herausarbeitung der
Lokalfarben, ihr Auftrag in Flächen, die modellierenden Schatten so
sparsam wie möglich — so wird der Phantasie als Material anderes,
als in der modernen Malerei üblich, mit der Aufforderung geboten:
mach dir ein Raumbild daraus, Phantasie. Scheint es aber, daß der
Maler die beiden Behäbigen doch mit andern Humoren beobachtet habe,
als ein eingeborener Landsmann, so wolle man auch das Sonntag-Nach--
mittägliche nicht vergessen, das unsern Damen nicht nur im Anzug eine
höhere Weihe gibt.

Nun eine vergnügte Dachausrin des Wochentags, von einem trotz
des „Zittauck im Namen eingebürgerten münchnerischen und von einem
impressionistisch gebildeten Maler gesehen. Wir setzen die Gravüre nach
dem Bild von Rudolf Schramm-Zittau zum Vergleich neben den
Steindruck nach Desclabissac. Schramms Bild will so lange angesehen
werden, bis man den Raum mitfühlt, diesen dreieckigen Zimmerwinkel,
aus dem die Feste uns anlacht. Dann erst spürt man ganz den warmen
Hauch Leben in diesem Malerspaß, der doch mehr ist.

Weiter bringen wir die Faksimile-Wiedergaben zweier Originalschnitte
von Karl Thiemann, welchen Künstler die Leser schon aus dem Far-
benholzschnitte der Münchner Landstraße in Dachau (XXV, l) kennen.
Wir haben schon allerhand Bilder vorgezeigt, um zum Vergleichen in tech-
nischer Beziehung anzuregen, denn nichts, als natürlich der eigne prak-
tische Versuch, übt besser im Einfühlen auch ins Technisch-Künstlerische,
und damit in die Freude am Nachschaffen. Wer Originalholzschnitte
recht fühlen will, muß das Holzschnitzen mitfühlen, das Füh-
len aber bringt ihm erst das rechte Mehr an Genuß, sonst tät es die
Federzeichnung ja auch. Holzgrund also, der dunkel druckt, das tzelle
ist ausgehoben. Das eine Bild gibt ein Stück Rothenburg, das andre
ein Stück Alt-Lübeck.

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