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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 4 (2. Novemberheft)
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Schmidt, Leopold: Ariadne auf Naxos
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Müller-Guttenbrunn, Adam: Reform der katholischen kirchlichen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0302

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geschmackvollen Auswüchsen der Sängerin schier Rnmögliches zumutet
und den Witz der beabsichtigten Parodie anmutlos ins Breite zerrt.

„Ariadne auf Naxos" bedarf noch der dramaturgischen Nachhilfe und
ist, schon aus praktischen Theaterrücksichten, von der komödienhaften Nm-
rahmung tunlichst zu befreien. Dann aber wird dies Werk um seiner
musikalischen und dichterischen Schönheiten, um seiner potenzierten Inner-
lichkeit willen, die uns wieder auf das Psychologische in der Oper zurück-
führt, sich wie kein anderes unter den modernen Freunde gewinnen und
vielleicht einen Markstein in der Entwicklung des musikalischen Dramas
bilden. Leopold Schmidt

Neform der katholischen kirchlichen Kunst

ie Ausdrucksformen der Kunst sind wandelbar. Auch dort, wo
D sich die Kunst in den Dienst einer ewigen Aufgabe ftellt, braucht
sie nicht zu erstarren, es fließt ihr aus unversiegbaren Quellen
immer neues Leben zu. Die naive altchristliche Kunst hat sich zur romani-
schen entwickelt, diese zur gotischen und so fort durch alle Zeitalter, es war
im Rahmen der katholischen Kirche immer Raum für die Wandlungen
des Schönheitsbegriffes und die künstlerische Sprache des Tages. Die
Renaissance hat das Innere vieler alter Kirchen umgestaltet, das Barock
brachte einen ganz neuen Ton in die Gotteshäuser, und das Auge ge-
wöhnte sich selbst in gotischen Domen an barocke Altäre. Seit der Mitte
des vorigen Iahrhunderts aber schien eine vollständige Erstarrung ein-
getreten zu sein auf dem Gebiete der christlichen Kunst, das Mäzenaten-
tum der Kirche hörte auf, und die eigentlichen Künstler kannten fast nur
noch weltliche Aufgaben.

Das ist sicherlich keine zufällige, keine an der Oberfläche haftende
Erscheinung. Eine große gesellschaftliche Verschiebung, eine geistige und
religiöse Amwälzung muß ihr vorausgegangen sein, denn daß gerade die
neuere und neueste Kunst nicht mehr fähig gewesen sein soll, heilige Dinge
würdig darzustellen, das wird niemand beweisen wollen. Von der Zeit
ab, da sich die gebildeten und wohlhabenden katholischen Schichten der
Kirche mehr und mehr entfremdeten, fehlten auch die Stifter und Förderer
der kirchlichen Kunst, der Durchschnitt der katholischen Pfarrgeistlichkeit
aber merkte kaum, was sich da vollzog, und er half sich wie er konnte. Die
billige Fabrikware hielt ihren Einzug in die Gotteshäuser, der Pofel,
der auf allen Gebieten erzeugt wurde, überschwemmte Kirchen und Ka-
pellen und Wallfahrtsstätten, und wo eine alte Kirche erneuert, aus-
gebessert werden mußte, geschah fast immer ein Nnglück. Die ehrsamen
Zimmermaler und die handwerksmäßigen Nachahmer alter Kunstformen
beherrschten den kirchlichen Schauplatz, es kam fast nirgends mehr ein
persönliches Werk aus religiösen Empfindungen heraus zustande, denn
es gab keine Besteller für solche Aufgaben und es schien auch keine
Künstler für deren Lösung mehr zu geben.

Im hohen österreichischen Klerus, der in herrlichen Stiften und Pa-
lästen wohnt, der alte Kirchen von unschätzbarem künstlerischen Reichtum
beherrscht, hat sich seit Iahren eine arge Verstimmung kundgegeben gegen
die Barbarei und den greulichen Dilettantismus in der neueren kirchlichen
Kunst. Und mit Aufmerksamkeit verfolgte man hier die in Dresden und

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