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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 4 (2. Novemberheft)
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Weber, Ernst: Kleinigkeiten: ein Gespräch auf der Straße
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Nidden, Ezard: Neuere schwedische Dichtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0314

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^ Kleinigkeitskrämer. Wer jedoch Kleinigkeiten erledigt, um übsr sie hin-
! wegzukommen, um die tadellose Funktion des ganzen Betriebs nicht
! fortwährend zu gefährden, wer Kleinigkeiten erledigt, um sie im Streben
! nach höheren Zielen vergessen zu können, der ist ein großzügiger Mensch.
Auch wenn er mit einem heiligen Donnerwetter dreinfährt, wo er un-
erledigte Kleinigkeiten und Äußerlichkeiten als fortwährende Hemmungen
antreffen muß. Ia, vielleicht gerade darum, weil er donnert, wo der
Kleinigkeitskrämer im Innern frohlockt!

Das sollte mancher bedenken, der im ersten Zorn über jenes Donner-
wetter vergaß, daß er selbst durch sein „geniales" Verhalten der eigent-
liche Schöpfer jener Kleinigkeiten und Außerlichkeiten wurde, an denen
die Kritik der Vorgesetzten hängen bleiben mußte, als sie großzügig in
freiere Höhen strebte. ErnstWeber

Neuere schwedische DichLungen*

em ungeübten Blick erscheint wohl noch immer die nordische Dich-
Itung als ein ziemlich einheitliches Ganzes, dessen Charakter etwa
durch Ibsen, Björnson, Iacobsen und Strindberg bestimmt ist.
Ie tiefer wir aber durch die sehr eifrige Abersetzertätigkeit in Deutschland
mit jener Literatur vertraut werden, um so weniger können wir dieses
Bild gelten lassen. And da ist denn bemerkenswert: vor allem bringt
Schweden jetzt eine erstaunliche Fülle eigenartiger Begabungen und
unvergleichbarer Persönlichkeiten hervor. Erinnern wir an Heiden-
stam allein, der sich durchaus mit keinem der „bekannten" großen Skandi-
naven vergleichen ließ; nnd Selma Lagerlöf stand auf der Insel ihrer
Lräume wiederum abgesondert. Ein unsagbar irrationales Wesen zog
durch die Poesie dieser beiden, das der heiteren Klarheit Björnsons und
dem pedantischen Genie Ibsens ebenso fremd war wie Strindbergs lärmen-
der Phantasiearmut. And dieses Wesen greist hinein bis in die „realisti-
scheste" Kunst, es spielt in Hedenstjernas witzigen Gesellschastromanen ein
etwas neckisches Spiel, Hallström verdankt ihm die heimliche Lebens-
kraft seiner schwerbeweglichen Prosa. Wir kennen dieses phantastische,
suchende, mhstisierende Element auch aus Schwedens Geschichte. Es lebte
wohl in Karl XII. Es lebte auch in Bellman und in K. I. L. Almquist,
die man uns beide in jüngerer Zeit bekannt gemacht hat. Nur lernen
wir heuer wiederum neue starke poetische Kräfte Schwedens kennen, die
uns das Schweden der großen Industrie und der weit vom Zentrum ent-
sernten Kleinstädte, endlich die ganz entlegenen Distrikte Finnlands spie-
geln. Wir sind im ganzen beneidenswert genug, daß sich solchergestalt
das soziologische Bild des bedeutsamen Landes uns literarisch rundet
und füllt. Die kleineren, gedrängteren Verhältnisse führen die Ereignisse
näher aneinander heran, man überschaut leichter Arsache und Folge,
Herkunft und Ziel einer öffentlichen Erscheinung, und damit ist eine
bessere Möglichkeit gegeben, sis literarisch zu erfassen.

* Lagerlöf, Liljecronas Heimat (Verlag A. Langen, München;
5,50 M.); Ossian-Nilsson, Barbaren-Wald (5 M.); Siwertz,
Die Alten (ch50 M.); Nordström, Bürger (); M.); Berg, Gene-
! zareth (5 M.), alle im Verlag Bonnier, Stockholm und Leipzig; Turi,
j das Buch des Lappen (Rütten L Loening, Frankfurt a. M., I50 M.).

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Kunstwart XXVI, ^
 
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