Kunstwart und Kulturwart (26,1.1912)

lasfen in die Poesie und den Reichtum der Kindersprache. Line Beob--
achtung, die in ihrem Verlauf zu nachdenklichen Betrachtungen zum
Thema Lebensdeutsch und Papierdeutsch führen könnte.

Nach der Weihnachtsgeschichte höre ich noch fragen. Wenn ich als
Kind in der Lhristmette gewesen bin und habe das Weihnachtsevangelium
vorlesen hören in dem naiven, feierlichen Märchentone, in dem es gerade
an diesem Abende zu uns erklingt, wenn brennende Tannenbäume und
Weihnachts- und Hirtenlieder das schlichte, große Wachträumen geschafsen
hatten, da war mir immer glücklich zumute einfach in der einen Empfin-
dung: das muß unsagbar schön und seierlich und fröhlich gewesen sein.

Dieses Fühlen, dieses Erleben gönne man den Kindern, es
springt ein Brunnen daraus, der Vieles, Vieles tränken kann. Viel
mehr, als aus Historie, Dogma oder Reslexion, die, so weit sie kommen
müssen, nicht jetzt kommen sollten.

Zu gutcr Letzt: ob all die kindliche Weihnachtsfreude auch in der Schule
in einer Ehristseier mit brennendem Vaume und schallenden Gesängen
ausklingen oder ob dieses Letzte und Schönste dem Hause allein ver-
bleiben soll, darüber kann nichts Grundsätzliches geredet werden. Ieden-
falls ist auch hier alles Freie, schön Gemeinte gut:

„in unsers Schafsens Drang und herbem Hasten
ein Stück der großen Herzenskunst, zu rasten".

Benutzt die Freudigkeit mchr in der Schule, auch zur Vor-
weihnachtzeit! Iulius Tuch

Lose Blätter

Ein Strautz

alter Weihnachtslieder

-^er Wind aus leeren Straßen
^^streckt aus die Flügel sein,
streicht hin gar scharf ohn Maßen
zur Bethlems Krippen ein;
er brummlet hin und wieder,
der fliegend Winterbot,
greift an die Gleich* und Glieder
dem menschgewordnen Gott.

Ach, ach, laß ab von Brausen,
laß ab, du schnöder Wind,
laß ab von kaltem Sausen
und schon dem schönen Kind!
Vielmehr du deine Schwingen
zerschlag im wilden Meer,
allda dich satt magst ringen,
kehr nur nit wieder her.

Spee

* Körper


2. Dezemberheft

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