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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 9 (Juniheft 1928)
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0236

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sche Tendenz verführt zur Allegorie:
schrvarze Riesenfäuste ragen, zu Grupple-
rungen und Gegenüberstellungen, die zu-
tveilen gezwungen erscheinen.

Aber es darf nicht verkannt werden, daß
die Gesinnung es ist, dle Pudowkin be-
fähigt, so in die Wlrklichkeit zu fassen und
sie init so ergreifender Wirkung auf die
Leinwand zu projizieren. Die Gesinnung
braucht nicht das politische Programm
der kommunistischen Partei zu sein; es
sindzurückhaltendere,umfassendere Stand-
punkte denkbar, die Auswahl und Folge
bestimmen. Jrgendeine Sinngebung aber
muß vorgenommen werden. Der unbe-
seelte Sroff ermüdet. Ein falscher Begriff
von Objektivität ist es, an dem Rutt-
mannö Film „B erli n", die Sympho-
nie einer Großstadt, scheitert. Ein glück-
licher und filmgerechter Gedanke erstickt
im Material. Das langsame Erwachen,
das allmähliche Anschwellen der Tages-
arbeit, das einsame Blatt Papier, das
durch die noch öde Straße weht, die Katze,
die patrouillierenden Schutzleute, die er-
sten Arbeiter, die Jalousien, die eine nach
der andern aufgezogen werden, der
Marsch nach öer Üntergrundbahn, das
zu spät zur Schule kommende Kind, die
anlaufende Maschine — daS alles ist zu

einer großen und bis ins Kleinste liebe-
voll ausgeformten Lichtspielouvertüre ge-
staltet. Dann aber: Wagen und wieder
Wagen, Züge und wieder Züge, über-
einander, nebeneinander, gegeneinander;
ein paar Menschen springen noch dazwi-
schen, ein paar Bilder von Massenspei-
sungen, Hindenburg und Theaker, aber
im Grunde ist nichts da als der Verkehr
an sich, der nachts in beleuchteter Form
von statten geht. Dieser Einwand muß
erhoben werden; öas Verdienst, aus der
Sphäre verlogener Gesellschafts- und
Verbrecherfilme in die nunmehr als Film
zu gestaltende Wirklichkeit herausgetreten
zu sein, bleibt. W. Petzet

Zu unsern Losen Blätrern
Das Kapitel „Mutter und Sohn" ist dem
Roman „D i e alten Zeiten von
Plodomassowo" von Lesskow ent-
nommen (Derlag C. H. Beck, München).
Wir bitten, hiezu unsern Umfchaubeitrag
über den Dichter zu vergleichen.

Durch ein unglückliches Versehen sind im
letzten Heft einige Derse aus dem Gedicht
„Von Bäumen satt . . ." vertauscht wor-
den. Wir drucken es daher noch einmal
in der richtigen Anordnung ab.

Bücherschau

erdinand Olivier als Dichter.
Wir wissen, daß die romantischen Ma-
ler auch dichterisch begabt waren, und wie
eng die Wechselwirkung von Bild und Ge-
dicht, Gedicht und Bild der Romantik war;
Laß aber auch Ferdinand v. Olivier, der
Landschafrsmaler, ein Dichter war, das
war uns doch unbekannt. Nun hat der
Wiener Kunsthistoriker Heinrich Schwarz
in einem kleinen anmutigen Bändchen der
Officina Vindobonensis (Wien 1928)
„DieGedichte des Malers Ferdinand Oli-
vier" herausgegeben, die, i8iZ in den
seltenen Wiener Friedensblättern und
162Z im Frauentaschenbuch erschienen, so
ut wie unbekannt geblieben sind. Jn den
iedern klingt der melodiöse Ton Brenta-
nos aus einem tiefen gläubigen Gefühl,
in der ein Goethethema variierenden
Glosse walten romanische Jronie und
Goethesche Lebenslust in spielerischer Ver-
schlingung. Auch das romantische Kunst-
sonett in Schlegels Art erscheint und zeigt,
wie sicher der Maler die lyrischen Kunst-

mittel beherrschte. Einer vergleichenden
Kunstgeschichte — 0 wär es doch! —
werden diese Gedichte, diese Wortbilder
einer synaesthetischen Natur- und Welt-
liebe besonderö wichtig sein für den Ver-
gleich mit den Bildern und Zeichnungen.
DaS billige Heftchen, das mit Bodoni-
Antiqua gedruckt ist, sei allen Freunden
der Kunst und Literatur herzlich empfoh-
len.

Raffaels Sixtinische Madon-
na als Erlebnis der Nachwelt
(herausgegeben von Emil Schaesfer. Ver-
lagWolfgangJeß,Dresden).GroßeKunst-
werke haben das Schicksal, für Epochen
und Jahrhunderte Erlebnis und Problem
zu sein, Spiegelbilder der Beschauer und
Begriffe, wie es etwa für den Antinous,
den Laokoon, die Sixtinische Madonna
zu erweisen ist. Es war deshalb ein gu°
ter Gedanke, in diesem zierlichen Bänö-
chen die verschiedenen Bekenntnisse und
Spiegelungen der Geister zu sammeln, die
in dem Dresdener Altar ihr Erlebnis

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